Cassandra Clare: Chain of Thorns - Die letzten Stunden 3 (Buch)

Cassandra Clare
Chain of Thorns
Die letzten Stunden 3
(Chain of Thorns)
Übersetzung: Franca Fritz & Heinrich Koop
Goldmann, 2023, Hardcover, 896 Seiten, 22,00 EUR

Rezension von Carsten Kuhr

Willkommen zurück im Viktorianischen London - eigentlich aber eher im Paris dieser Ära. Die Schattenjägerin Cordelia Carstairs steht im Zentrum des Geschehens. Aus London ist sie vor den Verwicklungen und der psychischen Belastung, die ihre Scheinehe mit ihrer großen Liebe James Herondale für sie bedeutet, an die Seine geflohen.

Noch bevor sie aber zur Ruhe kommen und sich selbst finden kann, erreicht sie böse Kunde: Ein Höllendämon greift an der Themse nach der Macht - Cordelia wird als Kämpferin der Schattenjäger dringend gebraucht, sonst droht eine, was sage ich, die Niederlage, von der sich die Gemeinschaft der Schattenjäger nicht wird erholen können…

 

Seit ich vor rund einem Dutzend Jahren mit dem ersten, damals bei uns noch im Arena Verlag verlegten Roman um Cassandra Clares Schattenjäger-Welt begonnen habe, hat mich die jeweilige Lektüre der Fortschreibungen der Saga begeisterst, berührt, verblüfft - und auch verzweifeln lassen.

Als alter Mann gehöre ich weiß Gott nicht der angepeilten Zielgruppe an. Dennoch wusste die Verfasserin mich ein ums andere Mal mit ihren Imaginationen, den Schicksalen und den Kämpfen an die Seiten zu fesseln.

Den Ausflug in die Viktorianische Vergangenheit der Schattenjäger war - herausfordernd. Verglichen mit den in der Jetztzeit angesiedelten Romanen, verschob sich hier der Fokus von den Kämpfen, den Intrigen und Geheimnissen der übernatürlichen Welt hin zu großen Gefühlen.

Clare schwelgt regelrecht in Liebe und Leid, beschreibt die Gefühlslage ihrer Protagonistin Seiten - nein Kapitelweise. Bei rund 900 Seiten nehmen diese Ausführungen doch einen großen, einen für mich zu großen Platz ein. Das heißt nicht, dass Clare etwa das Schreiben verlernt hätte, nur faszinieren mich die emotionalen Verwerfungen weit weniger, als die übernatürliche Welt mit ihren Geheimnissen und Auseinandersetzungen.

Um es deutlich zu sagen: Die erste Hälfte des Buches hat mich gelangweilt! Ich habe die Lektüre drei-, viermal abgebrochen, das Buch ruhen lassen - bevor ich es dann erneut zur Hand nahm. Erst ab der Mitte des voluminösen Bandes kam dann Dramatik der mir eher mundenden Art auf, rückten die Dämonen und deren finstere Pläne wieder mehr ins Zentrum des Geschehens und unserer Aufmerksamkeit. Und hoppla - plötzlich war es wieder da: das besondere Flair der Schattenjäger-Bände.

Es wurde dramatisch, interessant, spannend - all das, was ich bis dato vermisst hatte, kam plötzlich zum Vorschein.

Ja, stimmt - die Handlungsschemata der Kurzzyklen und Romane ähneln sich, doch versucht Clare durchaus erfolgreich ihre Handlungen immer ein wenig abzuwandeln, frische, unverbrauchte Charaktere einzuführen und diese nachvollziehbar zu zeichnen.

Fans der Serie, Liebhaberinnen tiefer Gefühle werden von Beginn an sicherlich ihre helle Freude am Roman haben - wegen mir hätte das Buch ruhig erst in der Mitte beginnen können - dann wurde es - spät, aber immerhin - nämlich doch noch richtig gut!