Maddrax 598: Countdown, Oliver Möller & Simon Borner (Buch)

Maddrax 598
Countdown
Oliver Möller & Simon Borner
Bastei, 2022, Romanheft, 68 Seiten, 2,40 EUR

Rezension von Matthias Hesse

Sir Arthur Conan Doyle, Edgar Allan Poe oder „Iron Sky“: Die Idee gigantischer Hohlräume im Planeteninneren ist seit jeher ein inspirierender Gegenstand für die Phantastik. Während die Theorie einer komplett hohlen Erde, die man vom Südpol aus betreten könne, sich nur auf dem einen oder anderen Verschwörungskanal noch einer gewissen Aufmerksamkeit erfreuen mag, kann eine solche Höhlung andernorts gar zivilisationserhaltend sein. Andernorts meint hier: afuf dem Mars, im aktuellen „Maddrax“-Roman „Countdown“ von Simon Borner und Oliver Müller. 

Die zwei Millionen Bewohner des Rotgrunds werden nämlich von der energiefressenden Kosmischen Entität des Streiters bedroht. Wieder einmal, möchte man sagen. Gut, dass die hydritische Erstbevölkerung des Planeten in grauer Vorzeit eine solche Höhlung von 20 mal 17 Kilometern erschaffen hat - das taugt wohl mehr als ein paar schnöde Bunker oder gar der konkurrierende Plan, lediglich eine kleine Elite per Raumschiff zu evakuieren und den Rest der Bevölkerung ihrem Schicksal zu überlassen.

Diese Hohlwelt zu finden, zu erforschen und zu ertüchtigen bietet dem Autorenduo jedenfalls genug Stoff für eine spannende Weltrettung voll Atmosphäre, und dem es nebenbei gelingt, noch ein paar Seitenhiebe auf die Arbeits- und Argumentationsgepflogenheiten populistischer Aufwiegler im marsianischen Rat zu verteilen – der Bezug zu ähnlichen Gruppierungen im Bundestag stellt sich im Kopf der Leser wohl von ganz allein her.

Es geht also unter Tage, und das unter Zeitdruck, wie ja auch der Titel der Episode suggeriert. Der Mars, im Maddraxiversum häufig ein eher mystisch anmutender er Ort, wird hier unter der Perspektive des Protagonisten, dem Hydriten Wan’kul, zur handfesten Bergmann-SF ohne Schnickschnack. Dass Oliver Müller ein Kind des Ruhrgebiets ist, mag da hineingespielt haben - falls er denn den entsprechenden Plot überhaupt geschrieben hat. Doch auch die Parallelhandlung ist nicht von Pappe. Hier greifen die Autoren die Geschichte des Attentäters aus Band 590 noch einmal auf und überraschen mit der Erkenntnis, dass damals mit dem Kaiserenkel Pilou der falsche beschuldigt worden ist. Nun versucht der vor Hass und Verzweiflung verblendete Bor’dal erneut einen vernichtenden Schlag gegen den Titelhelden Matthew Drax - und verstrickt sich damit seinerseits tief in eine Schuld, die wohl nie wieder zu tilgen sein wird. Wie der junge Mann unerbittlich seinen Plan verfolgt und dabei jede Ratio, jedes Gewissen und jeden möglichen Ausweg aus seinem Tun ignoriert - das ist ganz stark und tut beim Lesen richtig weh.

Kurz vor Ende des „Weltenriss-Zyklus“, eine eindringliche und lesenswerte Episode!