Sascha Dinse: Elysion & Tartaros (Buch)

Sascha Dinse
Elysion & Tartaros
Edition Subkultur, 2022, eBook, 9,99 EUR

Rezension von Elmar Huber

Mit „Elysion & Tartaros“ liegt bereits die vierte Kurzgeschichten-Sammlung des Berliner Autors Sascha Dinse innerhalb von vier Jahren vor. Eine beachtliche Schlagzahl, die noch deutlich mehr imponiert, da der Autor in seinen Erzählungen nicht die einfachen Klischees der Phantastik bedient, sondern kleine, sorgsam durchgeplante Kunstwerke der Weird Fiction schafft.

Die Einflüsse von David Lynch sind nicht zu übersehen, und auch Anleihen von Philip K. Dick („Blade Runner“), Christoper Nolan („Memento“, „Inception“), „Matrix“ und dem weniger bekannten „Dark City“ lassen sich erkennen. Alles Vorbilder, die die vermeintliche Realität infragestellen. Auch Dinses Protagonisten fliegt ihr Alltag, ihre bekannte Umgebung regelmäßig um die Ohren. Es öffnen sich Pforten in andere Dimensionen, ihr Umfeld verändert sich (im wahrsten Wortsinn), oder sie müssen erkennen, dass ihre geistige Wohlfühlzone nur Schein ist.

Realisiert ist die schleichende Desorientierung meist durch krasse Szenenwechsel, die sogar die Chronologie der Erzählungen massiv aufbrechen; beinahe, als hätte der Autor die Kapitel der einzelnen Storys wild durcheinandergemischt. So ist auch der Leser herausgefordert und gezwungen, das Gelesene puzzleartig zusammenzusetzten, wobei sich immer wieder überraschende Änderungen im Gesamtbild ergeben.
„Auf einen Schlag wird mir klar, was mit der Szene nicht stimmt. Es ist die Zeitform. Diese Dinge, die ich aus meiner Erinnerung niedergeschrieben habe, sind noch nicht geschehen.“

Höhepunkt ist sicherlich „Hollowbrook“, in dem das Schicksal des (geistig verwirrten) Erzählers komplett im umgekehrten Zeitablauf geschildert wird. „Memento“ lässt grüßen.

Insgesamt stellt man fest, dass mit Sascha Dinse inzwischen ein junger Autor auf der Phantastik-Bühne mitspielt, der spätestens jetzt einen komplett eigenen Stil ausgeprägt hat: Geschichten mit doppelten und dreifachen Böden, unzuverlässige Erzähler, surreale Ereignisse, sodass hinter jeder Ecke eine neue Überraschung lauert. Dabei handwerklich top-notch, starke Bilder, plastische Charaktere und stets sauber und stringent durchkonzipiert.

Uneingeschränkte Empfehlung für Leser, die ein Herz für Weird Fiction haben und sich gerne herausfordern lassen.