Jackie May: Befreit - Underworld Chronicles 4 (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Sonntag, 01. Januar 2023 10:11
Jackie May
Befreit
Underworld Chronicles 4
(Don´t Tempt Me, 2020)
Übersetzung: Stephanie Pannen
One, 2022, Hardcover, 390 Seiten, 17,00 EUR
Rezension von Carsten Kuhr
Es ist kalt in Detroit, Michigan. Die einstige Metropole hat ihren Glanz lange verloren. Die frühere Auto-Hauptstadt der USA ist vom wirtschaftlichen wie gesellschaftlichen Niedergang geprägt. Nirgendwo sonst in den USA ist die Mordrate dermaßen hoch wie hier; ein Paradies für Gangs, Obdachlose - und die übernatürliche Gemeinschaft.
Nora hat mit ihrem tragischen Schicksal und ihren Psychosen hier immer gut hineingepasst. Nach dem gewaltsamen Tod der Mutter (die erst mehrfach vergewaltigt wurde, bevor ein renegater Vampir sie leer trank), wurde sie von einer Pflegefamilie zu nächsten weitergereicht, von den Pflegevätern missbraucht. Dann fand sie heraus, dass sie eine Übernatürliche, eine Sirene ist.
Seitdem sammelt sie – unfreiwillig, aber geschickt - einen wahren Harem an männlichen Übernatürlichen um sich. Ein Troll, ein Werwolf, eine dunkle Fee, der beste Killer der Staates - was sage ich, des Landes -, einen Zauberer-Nerd in Diensten der FUA… ein Ende ist nicht wirklich abzusehen.
Als sie erfährt, dass ein Unbekannter ein Kopfgeld auf sie und/oder ihre Männer ausgesetzt hat, ist allerdings Schluss mit lustig. Damit nicht genug bittet die FUA, auf die sie so gar nicht gut zu sprechen ist, um ihre Hilfe. Mystische, Drachen, Einhörner und Phönixe, alle aus der Magie selbst geboren und die mächtigsten magischen Wesen der Welt, werden gejagt und entführt…
Der Abschlussband der „Underworld Chronicles“ liegt vor mir. Eine kleine, wohlfeile Serie, die bislang sehr geschickt, Urban-Fantasy-Elemente mit ein klein wenig Romance verband und dabei ebenso packend wie rasant unterhielt.
Ihnen ist die Vergangenheitsform aufgefallen? Vorliegend dauert es über 100 Seiten, bis überhaupt etwas Dramatisches, im Sinne von Lebensbedrohliches, passiert. Bis dahin: sexuelle Anspielungen, große Gefühle, viel emotionales Drama und ein paar wenige Offenbarungen. Das las sich nicht wirklich fesselnd, das ließ die interessanten Charaktere, die immer weiter in den Hintergrund geschoben wurden, vermissen. Ich gebe zu, ich war versucht, das Buch zuzuklappen. Das Leben ist zu kurz für schlechte Bücher - und leider ist der Roman im ersten Viertel nicht berauschend!
Danach wird es ein bisschen besser - auch, nein, weil die Verfasserin sich auf das besinnt, was sie beherrscht - nämlich, die packende, temporeiche Darstellung des Kampfes unserer Sirene gegen die Bösen. Dass ihr einige wirkliche Bad Boys zur Seite stehen, macht die Angelegenheit für ihre Gegner schmerzhafter, für uns Leser interessanter, wissen wir doch, dass die Antagonisten ihre gerechte Strafe erhalten.
Dennoch, auch hier inkludiert sie immer wieder zu viele erotische Szenen, die nicht wirklich stimmig oder überzeugend wirken. Weit besser gefielen mir da doch die Kämpfe, die auf Nora auch hier wieder warteten. Kämpfe mit ihrer dunklen Seite, die sich am Seelentrinken berauscht, Kämpfe um Selbstbestimmung und natürlich bekommen die Bösen auch einen auf die Mütze.
Insgesamt ein Abschlussband der Tetralogie, der die Gewichtung leider weiterhin in Richtung Romance verschiebt, dabei gerade zu Beginn das Erzählen vergisst und nur andeutet, was aus dem Roman hätte werden können, wenn die Autorin sich auf ihre Stärken besonnen und beschränkt hätte.