Maddrax 594: Erschütterungen, Michael Edelbrock (Buch)

Maddrax 594

Erschütterungen

Michael Edelbrock

Bastei, 2022, Romanheft, 68 Seiten, 2,10 EUR

Rezension von Matthias Hesse

Sowohl das zweiundzwanzigste Jahr, als auch der achtzehnte Zyklus der Romanheftserie laufen mit Riesenschritten auf ihr Ende zu. Für eine Reihe, der nicht wenige Stimmen zu ihrem Beginn keine allzu lange Lebensdauer prophezeit hatten, ist das mehr als beachtlich. Der wilde Mix aus den verschiedensten phantastischen Genres sei viel zu unentschieden, war da den Leserzuschriften zu entnehmen. Offenbar ist aber genau dieses Alleinstellungsmerkmal auch das Erfolgsrezept.

Eine Genre-Bestimmung fällt im aktuellen Roman von Michael Edelbrock besonders schwer. Vorab gesagt: Kurzweilig und unterhaltsam ist „Erschütterungen“ auf jeden Fall. Es ist zeitgleich die Geschichte eines Attentats, ein Dungeon- und ein Wüsten-Abenteuer. Mutationen kommen darin vor und ein Raumschiff. Eine eher für ihre Unberechenbarkeit bekannte Figur entwickelt überraschend Nestbautrieb und Muttergefühle, Kölner Lokalkolorit wird versprüht wie in einem Regio-Krimi und auch mit Comedy-Elementen geizt der Autor nicht. Als Leser stehe ich dieser Mischung machmal etwas ratlos gegenüber, denn nicht alles ist gleichermaßen gelungen.


Neo-Barbar Rulfan hat in seiner Parallelwelt die Daa'muren erneut besiegen können und kehrt nun in das andere Coellen zurück, um seinen Sohn wiederzusehen. Dort macht er Bekanntschaft mit Kormak, der plötzlich auf der Seite der Guten zu stehen scheint. Als ruchbar wird, dass die ganze Innenstadt der Metropole einem verheerenden Sprengstoffanschlag zum Opfer fallen könnte, kooperieren die Beiden, um das Unglück zu verhindern. Parallel dazu nisten sich Haaley und Ewig-Antagonist Smythe in einer Aussteigergemeinschaft in Afra ein - ein zweiköpfiges Löwenbaby und Pläne zur Weltherrschaft im Gepäck.


Michael Edelbrock legt hier seine zweite Arbeit für die Serie vor. Wie alle Autoren des Teams, schreibt er einen modernen, leicht zugänglichen Stil, der Einfältigkeiten meidet und Klischees durch Ironie konterkariert. Wunderbar anrührend ist zum Beispiel die Szene, in der der muskelbepackte Rulfan emotional überfordert ist, seinem Kind, das in dem Jahr seiner Abwesenheit zum Teenager gereift ist, zu begegnen. Auch während der Expedition in die Unterwelt der Domstadt kann Edelbrock sein humoristisches Talent voll ausschöpfen - irgendwo zwischen Ekeltraining und Skurrilität zeigt er eine rabenschwarze Lust an Garstigkeit. Die Handlung um den Irrwisch Haaley und ihr geplagtes Professorchen jedoch wirkt - von den für meinen Geschmack zu albernen Disney-Bezügen abgesehen - deutlich zu konstruiert. Mit Haaley hatte Ian Rolf Hill zu Beginn des Zyklus eine extrem schillernde Figur in die Serie eingeführt, die nun erstmals von einem anderen Autor fortgeführt wird.

Auch wenn Michael Edelbrock das ganz ordentlich macht, werde ich den Verdacht nicht los, dass Choyganmaa Aksinja Jevdokija Ewgenija Iwanowa mit dem tollen Roman „Sein oder Nichtsein“ im Grunde auserzählt war - ein heller Stern, der schnell verglüht. Doch ich lasse mich gerne eines Besseren belehren, denn, soviel Spoiler sei erlaubt, am Ende der „Erschütterungen“ steht die Figur an einer Stelle, an der ich sie niemals vermutet hätte. Doch dass Coellen, dem im Maddraxiversum immer wieder eine zentrale Rolle zukam, am Ende dieser Episode in Trümmern liegt, das ist schon ein dickes Brett in der Gesamthandlung und macht dem Titel alle Ehre. Aber solange der Dom noch steht...