David Falk: Die letzte Schlacht - Athanor 4 (Buch)

David Falk
Die letzte Schlacht
Athanor 4
Titelbild: Timo Kümmel
Atlantis, 2021, Hardcover, 736 Seiten, 24,90 EUR

Rezension von Irene Salzmann

„Der letzte Krieger“ (Band 1) konnte zwar nicht die Auslöschung der Menschen Theroias verhindern, aber die Angehörigen anderer Völker retten. Nach dem Mord an seiner großen Liebe Elanya folgt er dem Täter über den Ozean nach Dion, wo er überraschend auf Menschen trifft, denen dasselbe Schicksal wie den Theroiern droht. „Der letzte König“ (Band 2) kann Elanyas Tod rächen, eine kleine Schar Dionier vor der Vernichtung bewahren und sie in ihre alte Heimat bringen, wo sie die Stadt Theroia aufbauen wollen. Das Böse ist jedoch längst nicht besiegt und schickt immer neue Ungeheuer aus gegen Athanor und seine Mitstreiter, die sich in „Die letzte Bastion“ (Band 3) flüchten.

 

Die Lage ist hoffnungslos, denn das Tor zum Totenreich wurde geöffnet. Tote und vor allem Monster aus mythischen Zeiten kehren seither als Widergänger zurück, um die Lebenden auszulöschen und ewige Finsternis über die Welt zu bringen. Selbst die über Magie verfügenden Elfen können nach der Zerstörung ihres Heiligtums nicht ins Ewige Licht eingehen, sodass ihre Seelen im Todesfall verloren sind und nicht wiedergeboren werden. Die einzige Chance sehen die letzten Faun-Schamaninnen darin, dass jemand das Tor schließt.

So bricht Athanor auf in die letzte Schlacht, während sein Körper in der Obhut treuer Freunde bleibt, die mit den Elfen, Trollen und den wenigen Überlebenden anderer Völker nach Tharadon fliehen, wo Alfare ein zweites Ewiges Licht hüten.

Auf dem Marsch müssen die Vertriebenen gegen monströse Widergänger, Drachen, andere Kreaturen des Bösen und feindlich gesinnte Elfen kämpfen, derweil Athanors Geist, ständig von der Auslöschung bedroht, im Totenreich verzweifelt nach einem Weg sucht, das bestens bewachte Tor zu erreichen und zu schließen. Ein praktisch unmögliches Unterfangen, denn das Böse weiß, dass Athanor da ist und lässt ihn jagen.


Obschon die vierteilige Sage spannend ist und man am Schicksal der Protagonisten gern Anteil nimmt, ist man doch irgendwie froh, nach rund zweitausend Seiten Metzelei damit durch zu sein. Wie zum Beispiel George R. R. Martin in „Game of Thrones“ oder Stefan Burban in „Skull“ treibt David Falk die Handlung an wechselnden Schauplätzen mittels Einzelschicksalen voran, die eine bestimmte Rolle zu erfüllen haben, eine Beziehung zum Leser aufbauen - und dann ‚ganz realistisch‘ getötet werden, um Platz zu schaffen für andere mutige Kämpfer, die Athanor mehr oder minder wissentlich und willig unterstützen.

Vielleicht wären die Verluste geringer ausgefallen, hätten sich alle Völker früher gegen den übermächtigen Feind verbündet, doch dem standen immer wieder Arroganz, über Generationen gepflegtes Misstrauen und Hass, Einzelinteressen und Gegner in den eigenen Reihen im Weg. Trotz aller Widerstände und unter großen Opfern gelingt es Athanor, die einzelnen Völker zur Zusammenarbeit zu bewegen, was ihm die notwendige Zeit verschafft, Unterstützer im Totenreich zu mobilisieren, die ihre Nachkommen, ja, die ganze Welt retten wollen.

Tatsächlich finden sich so manche Helfer in beiden Welten, mit denen man gewiss nicht gerechnet hätte. Infolgedessen ist es müßig zu betonen, dass es auch das eine oder andere Wiedersehen mit Protagonisten gibt, deren Tod man bedauert hat oder die beim Start der Geschichte in Band 1 bereits gestorben waren.

Im Großen und Ganzen ist die Handlung ebenso schlüssig wie das Ende. Allein einige Details enttäuschen: beispielsweise der ständige Wechsel vom Saulus zum Paulus und wieder zurück im Fall des undurchsichtigen Elfen Omeon, der trotz seines Wissens nicht wirklich hält, was er zunächst verspricht und erst auf den letzten Seiten ‚aufgeräumt‘ wird; die Chimären, die anfangs den Eindruck erweckten, eigene Ziele zu verfolgen oder gar Handlanger des Feindes zu sein, insbesondere die Harpyien und vor allem deren Anführerin Chria; auch die so bombastisch auf den finalen Kampf gegen das Böse ausgerichtete Handlung wird ziemlich rasch und unprätentiös auf wenigen Seiten abgeschlossen - wie in so vielen Büchern, in denen die Ereignisse im Vorfeld immer dramatischer aufgebläht werden und der Schlusspunkt wie ein Nadelstich in den Ballon alles in sich rasch zusammenfallen lässt.

Etwas einfallslos wirkt als Grund für den Konflikt der ewige Kampf Gut gegen Böse, der häufig einen Hintergrund stellt, vor dem Akteure, die sich auf die eine oder andere Seite stellen, für das Wohl und Wehe der Welt kämpfen. Man fragt sich immer, was haben Götter, Halbgötter, Dämonen und so weiter davon, wenn sie alles verwüsten, jedes Leben auslöschen, gibt es dann doch keine Anbeter, (Folter-) Opfer, Nahrung mehr oder was auch immer ‚Spaß‘ machen könnte, wenn ‚Nichts‘ übrig ist.

Anders als in vielen Fantasy-Serien sind hier einmal nicht die Elfen das weise und moralisch überlegene Volk mit Vorbildern à la Galadriel und Elrond aus „Der Herr der Ringe“ (wobei man anmerken sollte, dass die Elben aus dem Düsterwald in „Der kleine Hobbit“ eher negativ beschrieben werden, Tolkiens Elben allgemein den Zwergen wenig Sympathie entgegenbringen und umgekehrt, dass letztendlich die Menschen weitgehend allein gegen Sauron kämpfen müssen). Allerdings ist es auch kein Novum, die Orks, Zwerge, Trolle etc. als schrullige Sympathieträger aufzubauen; diesen Völkern wandten sich bereits unter anderem Markus Heitz („Zwerge“-Serie) und Michael Peinkofer („Ork“-Saga) zu. Innerhalb des von ihm selbst abgesteckten Rahmens hat David Falk viele individuell gezeichnete, sich weiterentwickelnde Charaktere geschaffen, von denen er einigen gern etwas mehr Raum hätte schenken können wie den Faun-Schamaninnen.

Der vierte Band der „Athanor“-Reihe beinhaltet wieder einen umfangreichen Anhang, der die wichtigsten Personen listet, in einem Lexikon die wesentlichen Begriffe erklärt und in einer Nachlese David Falk abschließend zu Wort kommen lässt, befragt von Illustrator Timo Kümmel, der für die Nachdrucke im Atlantis Verlag neue Cover und Karten geschaffen hat.

Man sollte nicht nur epische Fantasy mögen, sondern auch eine hohe Toleranzschwelle für endlose Kämpfe und Kriegshandlungen mit vielen Opfern haben, denn dies macht den Hauptteil der Tetralogie aus. Freundschaft, Romantik, Humor lockern bloß wohldosiert auf - allerdings hätte zu viel davon angesichts der ernsten Geschehnisse genauso deplatziert gewirkt wie der Romantasy-Quickie in der Abstellkammer, an deren Tür die hungrigen Zombie-Horden hämmern, und der Kiddie-Klamauk im Weltuntergangs-Manga.

Hier gelingt es dem Autor, genau den richtigen Ton zu treffen. Flüssig geschrieben, packend erzählt, sehr lesenswert - doch ist es ratsam, sich auf den blutigen Inhalt einlassen zu können.