J. K. Rowling: Harry Potter und der Orden des Phönix (Buch)

J. K. Rowling
Harry Potter und der Orden des Phönix
(Harry Potter and the Order of the Phoenix, 2022)
Übersetzung: Klaus Fritz
Titelbild und Innenillustrationen: Jim Kay und Neil Packer
Carlsen, 2022, Hardcover, 566 Seiten, 48,00 EUR

Rezension von Carsten Kuhr

Die Handlung vom fünften „Harry Potter“-Band vorzustellen, kann ich mir angesichts des Hypes um die Bücher und Filme in den letzten Jahren sicherlich sparen. Wer die Geschichte des jungen Zauberers, seine Ausbildung an Hogwarts und den Kampf gegen den dunklen Lord Voldemort noch nicht vernommen oder angeschaut hat, der muss auf einer einsamen, von allen Kontaktmöglichkeiten mit der modernen Zivilisation abgeschnittenen Insel gestrandet sein.

Nachdem das Merchandising mit den Büchern sowohl in ihrer gebundenen Form wie auch als Taschenbuch und die Filme jeweils ihr Potential, trotz erneuter vergünstigter Neuauflage mit frischer Titelbildgestaltung ,weitestgehend ausgereizt haben, präsentieren die internationalen Potter-Verlage dem Fan ein neues Schmuckstück.

Reichhaltig illustrierte Bücher in einem übergroßen Format sollen sie die Leser und Fans dazu animieren, ihren Geldbeutel ein weiteres Mal zu öffnen. Und wirklich bietet auch der fünfte Schmuckband wieder ein ganz besonderes, ein anderes Lese- und vor allem ein optisch opulentes Betrachtungserlebnis.


Wer die sogenannte Schmuckausgabe noch nicht kennt, wird zunächst erstaunt sein. Ihn erwartet ein übergroßes Buch (größer als A4), das durchgängig auf hochwertigem Kunstdruckpapier gedruckt wurde. Natürlich kennen wir den Text - die unzähligen farbigen Illustrationen aus der Werkstatt Kays, der dieses Mal von dem mit dem Bologna Ragazzi Award ausgezeichneten Neil Packer tatkräftig unterstützt wird (er steuert 35 Illustrationen bei) aber verleihen dem Ganzen eine ganz besondere Ausstrahlung.

Zwei Jahre hat Jim Kay an der optischen Umsetzung des umfangreichen Romans gearbeitet. Die vielen handlungsrelevanten Figuren, die mannigfaltigen Handlungsorte forderten den Paintbrush-Virtuosen derart, dass er seinen Freund und Kollegen Neil Packer bat, ihn bei der Arbeit zu unterstützen. Und wirklich erweist die Kollaboration sich als bereichernd, geht Packer doch wieder auf ganz eigene Art an die Aufgabe heran. Er fertigte mehr kleine Vignetten, die die Handlung und den Text optisch untermalen; für die großen Gemälde, die die packende Handlung optisch umsetzen ist weiterhin Kay zuständig.


Wie schon beim vierten Band mussten die Fans auch jetzt wieder zwei Jahre auf die illustrierte Schmuckausgabe warten. Jim Kay und sein Kompagnon haben sich erneut Zeit genommen, um ihre Muse zu küssen und dem Leser einmal mehr ein opulentes, kongeniales Mahl zu kredenzen.

Wer meint, dass sich der Künstler an den Filmen orientieren würde, reibt sich die Augen. Unwillkürlich verbindet man mit den Szenen die Darsteller und Gegenstände aus der Verfilmung, doch weit gefehlt. Jim Kay nimmt sich die künstlerische Freiheit, seine eigene Imagination die Kunstwerke - und solche sind die vielen Bilder - beherrschen zu lassen.

Das hat wenig mit der sonst übliche Foto-Realität vieler Illustratoren zu tun, das versucht gekonnt und erfolgreich den Flair der jeweiligen Handlungsszene aufzunehmen und festzuhalten. Oftmals kommen uns die Figuren etwas grobschlächtig entgegen, allein, die gekonnte Farbkomposition, die Gesichtsausdrücke und der farblich angepasste Hintergrund üben ihre Wirkung auf den Betrachter aus.

Man kann immer wieder lesen, dass sich Fans beschweren, dass sie die illustrierte Neuausgabe als zu teuer und unnötig empfinden. Doch hier denke ich, kann jeder selbst entscheiden, ob er oder sie sich das zugegeben nicht ganz preiswerte Buch zulegen möchte. Der hohe Anschaffungspreis resultiert aus der hochwertigen Ausstattung mit großformatigem Kunstdruckpapier und den Lizenzkosten für Autorin und natürlich für die beiden beteiligten Künstler. Diese haben den Büchern etwas Eigenständiges hinzufügt, das den Betrachter auf ganz andere Art und Weise packt und berührt.

Auch dieses Buch wird sich sicher unter so manchem Weihnachtsbaum wiederfinden und beim Beschenkten bestens ankommen.