Varsha Shah: Ajay und die Tintenhelden (Buch)

Varsha Shah
Ajay und die Tintenhelden
(Ajay and the Mumbai Sun, 2022)
Übersetzung: Katharina Naumann
Titelbild und Innenillustrationen: Sonia Albert
Atrium, 2022, Hardcover, 240 Seiten, 15,00 EUR

Rezension von Christel Scheja

Varsha Shah arbeitete zunächst als Rechtsanwältin, ehe sie anfing Englisch und Literatur zu unterrichten. Ihr großer Traum jedoch war es immer eine Schriftstellerin zu werden, etwas, das sie nun mit ihrem Kinderbuch „Ajay und die Tintenhelden“ wahr gemacht hat.


Ajay ist nur eines der vielen Straßenkinder in Mumbai, aber er hat einen Traum: Er will einmal ein bekannter Journalist werden, was allerdings ein unerreichbares Ziel mit seinen Voraussetzungen zu sein scheint. Dann bekommt er die Chance, denn zusammen mit seinen Freunden gelangt er an eine Druckerpresse und verwirklicht so seine Ideen mit der „Mumbai Sun“.

Und schon bald schafft er es mit dem Mut eines investigativen Journalisten gleich mehreren Skandalen auf die Spur zu kommen, die bis in höchste Kreise reichen. Denn der Abriss der Slums und der ungeklärte Einsturz der Textilfabrik an deren Rand kommen nicht von ungefähr.


Ein spannendes Abenteuer vor exotischer Kulisse erwartet junge Leser ab zehn Jahren, denn sie lernen nicht nur das Leben der Straßenkinder in Mumbai kennen, sondern auch die Probleme und Sorgen, mit denen sie zu kämpfen haben.

Gleichzeitig macht die Autorin auf die Missstände aufmerksam, die in Indien vermutlich an der Tagesordnung sind. Denn Schattenwirtschaft und Korruption sind dort gang und gäbe, ebenso wie die Misswirtschaft in den Fabriken. Kinderarbeit wird genauso angesprochen wie die Ungleichbehandlung der Armen und das immer noch nicht aus den Köpfen verschwundene Denken bezüglich des Kastensystems.

Sympathieträger ist der mutige und kluge Ajay, der zwar auch seine Fehler hat - wie er später merkt -, aber durch seinen Eifer und seine Leidenschaft für die Wahrheit andere mitzureißen vermag. Um sich schart er so manches andere talentierte „Straßenkind“.

Spannend, dramatisch aber immer kindgerecht arbeitet die Autorin die Themen auf, ohne jedoch dabei mit dem moralischen Zeigefinger zu winken. Genau so könnte bei jungen Lesern Interesse geweckt werden, selbst etwas gegen die Missstände zu tun, gerade was „Fast Fashion“ betrifft. Und wenn nicht, dann bleibt immer noch eine spannende Geschichte um einen entschlossenen Jungen und seine Freunde, die für sein Heimatviertel kämpfen und es am Ende sogar schaffen, die Schuldigen ans Messer zu liefern und die Öffentlichkeit auf das Gemauschel aufmerksam zu machen.

Der Hintergrund jedenfalls wurde sauber und intensiv recherchiert, sodass man sich auch als erwachsener Leser gut in das Szenario hineinversetzen kann, die Figuren wachsen einem schnell ans Herz.

„Ajay und die Tintenhelden“ ist ein spannendes Abenteuer, das nicht nur in die exotische Welt Indiens entführt, sondern junge Leser ab zehn Jahren auch mit den Missständen, die dort herrschen, vertraut macht, ohne dabei die spannende Geschichte mit mutigen und sympathischen Helden zu vernachlässigen.