Robert Kraft: Das zweite Gesicht oder Die Verfolgung rund um die Erde 4 (Buch)

Robert Kraft
Das zweite Gesicht oder Die Verfolgung rund um die Erde 4
Kapitel 84 bis 103
Titelbild: Georg Herrting
Verlag Dieter von Reeken, 2022, Hardcover, 444 Seiten, 30,00 EUR

Rezension von Carsten Kuhr

Der letzte Band des Kolportageromans „Das zweite Gesicht oder die Verfolgung rund um die Erde“ liegt vor mir. 1913 in 46 Lieferungen erstveröffentlicht, erwartet den Leser erneut ein „typischer“ Robert Kraft, der - und dies muss man wissen - inhaltlich abrupt mitten im Geschehen ohne wirkliches Finale abbricht. Dies ist der Erstveröffentlichung geschuldet, die damals jäh abbrach. Man munkelt, dass Kraft selbst nicht wirklich wusste, wie er seine Handlung zu einem in sich runden Finale bringen sollte, zumal der Verleger bereits einen neuen Roman in Auftrag gegeben hatte.

In meiner Besprechung zum dritten Band erläuterte ich, dass Robert Kraft - natürlich - ein Kind seiner Zeit war. Sprich, die Darstellung von Minderheiten, von Ethnien, von anderen Völkern ist geprägt durch das, was damals gang und gäbe war.

Der Verlag präsentiert uns hier das ursprüngliche Werk ohne Überarbeitung - und das ist gut so! Denn zum einen ist der Roman Anfang des 20. Jahrhunderts verfasst und spiegelt die damalige Denkweise wider, zum anderen, und dies ist weit bemerkenswerter, vermag der Text uns nach über einhundert Jahren weiterhin fesseln.

Es sind nicht die stereotypen Darstellungen, es ist der phantasievolle Fabulierungsreichtum Krafts, der uns an die Seiten bannt, die Freude am Abenteuer, die uns die Zeit vergessen lässt. Das können faszinierend und packend fremde Landschaften sein, die Exotik abgelegener Orte, andere Kulturen - oder fiese Gegner, die den Helden als Prüfung auferlegt werden.

Dabei ist es gerade im zeitlichen Kontext beachtlich, dass auch immer wieder starke Frauen-Charaktere auftauchen. In einer Zeit, da das Heimchen am Herd alltäglich war, setzt er hier mit vereinzelten emanzipierten Frauenfiguren Akzente, die ungewöhnlich waren.

Natürlich wiederholen sich die Handlungsschemata; Bösewichte stellen unserem Helden nach, Mystik hält Einzug, es gilt Heldentaten zu vollbringen, dem Bösen entgegen zu treten und sich für Gerechtigkeit einzusetzen. Die Details aber wandelt Kraft immer wieder von Neuem ab, hüpft so manches Mal unmotiviert in ein neues Bild, eine andere Gegend um seinem Leser das zu bieten, was dieser bei einem Kraft sucht: packende Abenteuer satt mit jeder Menge Dramatik und Aufregung.