Christopher Buehlman: Der schwarzzüngige Dieb (Buch)

Christopher Buehlman
Der schwarzzüngige Dieb
Schwarzzungendieb 1
(The Blacktongue Thief, 2021)
Übersetzung: Urban Hofstetter und Michael Pfingstl
Titelbild: Frederico Musetti
Hobbit Presse, 2022, Hardcover, 518 Seiten, 26,00 EUR

Rezension von Carsten Kuhr

Mittlerweile ist es jetzt doch einige Jahre her, dass der desaströse Krieg gegen die Kobolde mit einem brüchigen Frieden sein vorläufiges Ende fand. Nur dem Einsatz der Frauen - die Herren der Schöpfung trugen ihre Haut bereits vorher zu Markte und sind schlicht, was die kampffähigen Jahrgänge anbetrifft, ausgelöscht - und ihrer magischen Riesenkampfraben ist es zu verdanken, dass die Menschheit nicht komplett in die Küchentöpfe der Kobolde geworfen wurde. Jetzt aber meldet sich ein neues Übel: Riesen wurden an den Grenzen der Königreiche gesehen, Riesen, die eine Invasion planen.

In dieser Welt begegnen wir Kinsch N Schannack, einem kleingewachsenen Menschen, der das Glück scheinbar für sich gepachtet hat. Der Einberufung entzog er sich, indem er sich von der Diebesgilde hat ausbilden lassen, der er nun, nach dem erfolgreichen Abschluss in Schlösser knacken, Fassaden klettern, Beutel schlitzen und vieles mehr, jede Menge Geld für eben jene erlernte Fähigkeiten schuldet.

Als er, natürlich in Diensten der Gilde - schließlich muss er seine Schulden ja abzahlen -, einer Kriegerin begegnet, erweist sich dieses Aufeinandertreffen als schicksalsträchtig. Die Gilde beauftragt ihn, die Frau auf der Suche nach einer Thronerbin zu begleiten und gibt ihm, zur Motivation und Überwachung, gleich noch eine Gilden-Attentäterin mit.

Wie diese dann zu einer räudigen, blinden Katze passt, warum unser Held wider Willen sich eine Magierin anlacht und wie alles ausgeht, das lesen Sie mal schön selbst - für Spannung, Dramatik und Vergnügen jedenfalls hat Buehlman gesorgt.


Einmal mehr präsentiert uns Herausgeber Stephan Askani den Auftakt einer High-Fantasy-Reihe. Dieses Mal aber liegt auch im Original nur vorliegender erster Teil vor, der allerdings schon für einiges Aufsehen gesorgt hat.

Nichts ist es mit heiler Welt, einem jungen, entwicklungsfähigen Protagonisten, der natürlich begleitet von einer Unterstützerschar auszieht, das Reich zu retten. Oh nein, Kinsch ist kein typischen Heldenmaterial. Eher ein Filou, ein Mann, der Auseinandersetzungen, wenn er kann, vermeidet, der lieber unauffällig Beutel leert, als dass er mit geschliffenen Stahl in der Hand ins Gefecht zieht.

Und auch die Welt, die uns vorgestellt wird, ist ein klein wenig anders, als sonst so üblich. Königreiche, die unter den Folgen des verlustreichen Krieges stöhnen, in denen die Diebesgilde ihre Ränke zieht, diese de facto vielerorts die Macht als Staat im Staate an sich gezogen hat.

In dieser Welt, die wir durch die manchmal zynischen, dann wieder überraschten Augen unseres Erzählers erblicken, ist ein klein wenig dunkler, realer, als viele andere Fantasy-Bühnen.

Erst nach und nach erschließt sich unserem Erzähler und mit diesem natürlich dem Leser das Motiv, warum ihn seine Gilde auf die Expedition zur Rettung der Adeligen entsendet, lernen wir neue Landstriche und Gefahren kennen. Dabei gibt es natürlich auch das Aufeinandertreffen mit versierten, undurchschaubaren Magiern, Heerführern und Kobolden - ab Schluss sogar mit Riesen -, aber auch die Begegnungen mit dem einfachen Volk weiß zu faszinieren.

Nach und nach zeichnet sich das Bild einer gigantischen Intrige ab, mischen sich alte Feinde, mehr oder minder vergessene Götter und Herrscher ein, dass es eine Freude ist, sich das Beziehungsgeflecht vor Augen zu führen.

Der oftmals lakonisch-ironische Ton unseres Erzählers, seine Bauernschläue und die Situationskomik machen die Lektüre zu einem interessanten und rasanten Leseerlebnis abseits ausgetretener Pfade. Eine Melange aus Dark Fantasy-Elementen mit Queste-Versatzstücken, eigenständiger Magie und einer faszinierenden Welt mischen sich zu einem rasant ablaufenden Leseerlebnis.