Horrorschocker 44 (Comic)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Montag, 23. Mai 2022 13:56

Horrorschocker 44
Text: Falko Kutz, Erol Lorenzo Debris, Levin Kurio
Titelbild: Erol Lorenzo Debris
Zeichnungen: Kolja Schäfer, Erol Lorenzo Debris, Levin Kurio
Weissblech, 2016, Heft, 36 Seiten, 3,90 EUR
Rezension von Elmar Huber
Dass es in der Welt der Lebenden genau so schrecklich sein kann wie in den Tiefen des Tartaros, beweist Charon mit drei Geschichten.
„Die Schwimmstunde“:
Eine Erbschaft bringt Tommi ins Haus seiner Großeltern zurück, wo er als Kind immer seine Sommerferien verbracht hat. Doch die Ferien waren nie die unbeschwerte Zeit, die sie sein sollten. Stets wollte sein Großvater ihn zu einem echten Mann erziehen, wozu auch eine Schwimmstunde im Mühlteich gehört, um den sich ein altes Märchen über eine Seejungfrau rankt.
„Bleib wie du bist!“:
Trotz der Warnung ihres Vaters lässt sich die 18jährige Lia nicht überreden, die Stadt wieder zu verlassen. Sie steht auf Abenteuer und gefährliche Typen. So gerät sie an Andy, der seinem Charme mit KO-Tropfen nachhilft. Doch Andy soll in dieser Nacht die Überraschung seines Lebens erleben.
„Ein Männlein steht im Walde“:
Ein Team Porno-Filmer stolpert im Wald über einen riesenhaften Pilz, den der Regisseur unbedingt als symbolische Kulisse für seine ‚Naturdoku‘ haben will. Doch der vermeintliche Pilz ist kein Pilz, und die Menschlein kommen ihm als Nahrung sehr gelegen.
Abwechslung ist wieder Trumpf in der 44. Ausgabe der „Horrorschocker“. Die 12seitige Titelgeschichte bestätigt einmal mehr, dass sie mit einer gewissen großzügigen Länge nochmal gewinnen. So gelingt es Gastautor Falko Kutz, eine emotionale Ebene zu eröffnen, die sonst gar nicht möglich ist. Einmal durch die zwiespältigen Erinnerungen des Protagonisten an seine Kindheit, mit denen er sich nun unfreiwillig konfrontiert sieht, zum Zweiten wurde sogar noch eine Seite spendiert, um die Sage der Seejungfrau zu illustrieren. Mindestens ebensolchen Anteil an der Wirkung der Geschichte haben die außerordentlich atmosphärischen, Zwielicht getränkten Bilder von Kolja Schäfer. Ganz große Klasse!
„Bleib wie du bist!“ erscheint nicht ganz so effektiv, ist aber ebenfalls mit überraschender Pointe versehen und von Gastzeichner Erol Lorenzo Debris, der auch für das großartige Cover-Motiv verantwortlich zeichnet, sehr gut und stilistisch außergewöhnlich (teilweise ohne Tuschung äußerer Konturen) in Szene gesetzt. Die Farbgebung, die sich auf Rottöne und Schwarz beschränk, erzielt ebenfalls eine tolle Wirkung.
Zum Abschluss kredenzt Levin Kurio (in Wort und Bild) noch einen richtig fiesen und schadenfrohen Guilty-Pleasure-Glibber-Horror mit nackten Titten, bei dem kein Auge trocken bleibt.
Wieder eine mehr als lohnenswerte Ausgabe, die mit „Die Schwimmstunde“ einen Anwärter auf die Top Ten aller „Horrorschocker“-Storys ever enthält.