Margaret Rogerson: Der Dunkelste aller Zauber (Buch)

Margaret Rogerson
Der Dunkelste aller Zauber
(Sorcery of Thorns, 2019)
Übersetzung: Claudia Max
cbj, 2022, Hardcover, 540 Seiten, 18,00 EUR

Rezension von Carsten Kuhr

„Leben ähnelt dem Öl in der Lampe. Man kann es abmessen, doch die Geschwindigkeit, mit der es verbrennt, hängt davon ab, wie die Lampe jeden Tag eingestellt wird, wie hell und intensiv die Flamme leuchtet.“ (Seite 393)

Seitdem sie als Findelkind in einer der großen Bibliotheken des Reiches aufgenommen wurde, ist es ihr Traum eines Tages als Aufseherin in einer der Bibliotheken auf die dort sicher verwahrten Grimoires aufzupassen. Dass Elisabeth eine, im wahrsten Sinne des Wortes; besondere Beziehung zu Büchern hat, dass sie sich mit den wildesten Grimoires unterhalten kann, ahnt dabei niemand.

Eines Tages kommt ein Magier aus der Hauptstadt in die abgelegene Bibliothek - ein junger Mann, kaum älter als Elisabeth, der einen Dämon an sich gebunden hat. Ihre erste Begegnung steht wahrlich unter keinem guten Stern, stürzt Elisabeth doch ein komplettes Bücherregal auf den jungen Adeligen. Sie ahnt nicht, dass der Mann und sein Dämon eines nicht allzu fernen Tages ihr Leben ein paar Mal werden retten müssen.

Die Bibliothek wird überfallen, ein tödliches Grimoire aus seinen Fesseln befreit, die Direktorin ermordet. Nur Elisabeth ahnt, dass weit mehr hinter dem Anschlag steckt, als so schon vermutet. Es gelingt ihr, das Grimoire aufzuhalten; sie wird denunziert und zur Aburteilung in die Hauptstadt verfrachtet… der Magier ist dabei ihre Eskorte. Kaum angekommen, findet sie weitere Hinweise auf eine finstere, die Welt bedrohende Verschwörung. Niemand will ihr glauben, sind ihre Anschuldigungen doch hinrissig, unglaubwürdig ja verrückt…


Margaret Rogersons zweiter Roman bietet auf den ersten Blick gängige High-Fantasy-Kost. Wir haben unser archaisches Reich, eine junge Heldin, die eine besondere Gabe ihr eigen nennt, eine finstere Bedrohung, eine Liebesaffäre am Anfang ihrer Entwicklung sowie natürlich einen fiesen Bösewicht. Das ist im Groben nichts wirklich Neues, bietet in weiteren Details aber durchaus interessante Ansätze. Da sind zunächst die Bibliotheken mit ihren dort gefangengesetzten, magischen Büchern zu nennen, aber auch die Parallelwelt, aus der die Magier Dämonen beschwören und gegen Lebenszeit an sich binden können.

Dabei wachsen uns die Figuren schnell ans Herz. Die mutige Elisabeth ist eine ideale Erzählerin. Zunächst recht naiv, dabei aber auch bauernschlau, ja gewitzt gehen wir mit ihr auf Erkundungstour. Zunächst durch ihre abgelegen situierte Bibliothek, später durch die Hauptstadt. Dazu gesellt sich schnell der junge Adelige, Traum aller künftigen Schwiegermütter, der am Familienfluch leidet, der depressiv und innerlich verzweifelt der Öffentlichkeit eine Fassade voller Arroganz anbietet.

Der interessanteste Charakter in dieser Dreiecksbeziehung aber ist unstrittig der Dämon im Hintergrund. Als Diener seines Herrn immer hilfreicher Butler, der beobachtet, eingreift, verarztet und zur Not auch tröstet; ein Dämon, der ebenso ambivalent wie interessant gezeichnet ist.

Im Mittelteil des Textest weist dieser dann einige unnötige Längen auf, nimmt das Tempo abrupt ab, bevor sich die Verfasserin zum Finale hin wieder auf ihre Erzählstärken besinnt.

Alles in allem ist „Der Dunkelste aller Zauber“ ein angenehm flüssig und spannend zu lesender Einzelroman, der die Möglichkeit einer Fortsetzung bietet - von dieser Offerte hat die Autorin aber bislang zumindest noch keinen Gebrauch gemacht.