P. Djèlí Clark: Ring Shout (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Sonntag, 01. Mai 2022 09:56
P. Djèlí Clark
Ring Shout
(Ring Shout, 2020)
Übersetzung: Bernd Sambale
Titelbild: Henry Sene Yee
Festa, 2022, Hardcover, 252 Seiten, 19,99 EUR
Rezension von Carsten Kuhr
Es ist ein ganz dunkles Kapitel der US-amerikanischen Geschichte. 1915 wurde der Ku-Klux-Klan gegründet, die „Rassen“-Unruhen, die Verfolgung und Ermordung Farbiger nahm in den nächsten Jahrzehnten massiv zu.
Wir schreiben das Jahr 1922. Während der Klan auf dem Stone Mountain die Wiederkunft der großen Zyklopin mit einem Menschenopfer inszenieren will, sind drei junge, farbige Frauen damit beschäftigt, sich auf ihre eigene, blutige Art mit den Rassisten zu beschäftigen.
Was wenige allenfalls ahnen, sie wissen es. Der Klan wurde unterwandert. Unter den hohen, weißen Spitzmützen verstecken sich Wesen aus einer anderen Dimension, die sich von negativen Gefühlen nähren. Neid, Aggressionen und Hass dienen ihnen als Speise. Und gerade von letzterem gibt es, besonders in den Südstaaten, mehr als genug.
So machen sie sich auf, den Unholden, gleich ob menschlich oder außerweltlich zu zeigen, was eine Harke ist - mit Silberkugeln, Dynamit und einem magischen Schwert stemmen sie sich gegen die drohende Invasion aus einer anderen Dimension…
P. Djèlí Clark gehört zu den Shooting-Stars der aktuellen Phantastik. Vorliegender Kurzroman legt beredt Zeugnis davon ab, warum die Texte des Verfassers sich gegenwärtig solch großen Zuspruchs erfreuen.
In den Mittelpunkt seiner Handlung hat er drei dunkelhäutige Frauen gestellt. Dies alleine ist schon einmal ungewöhnlich, noch dazu in einem Plot, der in den Südstaaten im ersten Viertel des letzten Jahrhunderts angesiedelt ist. Mehr noch, die Drei werden uns nicht etwa als Heimchen am Herd vorgestellt, sondern als Emanzen, die aktiv und höchst effektiv den Kampf aufnehmen. Die eine war gar, in Verkleidung eines Jungen, im Ersten Weltkrieg in Europa dabei und kann mit ihrer Winchester einem Vogel das Auge ausschießen. Das sind ungewöhnliche Figuren, kantig, ganz eigen und damit natürlich interessant. Sie entspreche aber auch so gar nicht dem was man erwartet, überraschen durch intelligenten Witz, der sich auch in den spritzigen, manchmal bewusst überzeichneten Dialogen niederschlägt.
Dazu kommt dann das Pfund, mit dem Clark wuchert - als da ist, der gerechte Kampf um Freiheit, um Anerkennung und Gleichberechtigung der POC. Dass seine Protagonistinnen gleich noch für Feminismus der schlagkräftigen Art einstehen, fügt dem Plot weitere Spannung hinzu.
Verbunden hat er dies mit viel Südstaaten-Atmosphäre und einer Invasion, die sich etwas anders anbietet, als erwartet. Den Klan durch Wesen aus anderen Dimensionen unterwandern zu lassen nimmt diesem nicht seine abscheulichen Wesenszüge, fügt der Handlung aber eine weitere, phantastische Ebene hinzu.
So mischt sich in diesem Kurzroman Gesellschaftskritik und erschreckende Rassismus-Darstellung mit Pulp-Horror-Elementen zu etwas ganz Eigenem, Faszinierendem.