Karmen (Comic)

Guillem March
Karmen
(Karmen, 2020)
Übersetzung: Joaquim Balada Hartmann
Cross Cult, 2022, Hardcover, 120 Seiten, 35,00 EUR

Rezension von Christel Scheja

Den spanischen Künstler Guillem March dürften einige schon durch seine Mitarbeit an Superhelden-Serien wie „Catwoman“ oder „Harley Quinn“ kennen. Nun legt er mit „Karmen“ eine ganz eigene von ihm geschriebene und gezeichnete Geschichte vor, deren Schauplatz Palma de Mallorca ist.


Catalina ist egozentrisch und verliebt. Leider bekommt sie ein paar Dinge in den falschen Hals, so dass sie ganz spontan hingeht und ihrem Leben versucht ein Ende zu setzen. Doch dann ist auf einmal eine Frau in einem Skelettanzug zur Stelle, die sie auf eine ganz besondere Reise mitnimmt. Denn so wie sie ist, wandert sie durch die sonnendurchflutete Stadt und lernt diese auf eine ganz neue Art und Weise kennen. Scheinbar hat Karmen, so der Name der Unbekannten, eine Art Engel, etwas ganz besonderes mit ihr vor.

 

Metaphysische Reisen, der Moment zwischen Leben und Tod, die Entscheidungen, die eine junge Frau zu treffen hat, all das ist schon einmal da gewesen und nicht gerade neu. Aber Guillem March verleiht dem Thema eine eigene Note. Denn Karmen ist hier nicht der Engel, der die Hauptfigur die ganze Zeit an die Hand nimmt und sie auf Sachen stößt, sie lässt Catalina auch schon einmal alleine durch die Gegend wandern und ihre Erfahrungen machen.

Tatsächlich verhält sie sich so, wie es gute Therapeuten tun. Sie macht auf Dinge aufmerksam und neugierig, stößt sie nur dann vor den Kopf, wenn sie sie aufrütteln will. Und so beginnt Catalina nach und nach über sich und die anderen nachzudenken.

Denn es sind die Dinge, die sie beobachtet, die Begegnung mit anderen Menschen, auch ihrem eigenen Umfeld, mit dem sie einmal nicht interagieren kann, sondern nur zuhören, die etwas in ihr verändern.

Die Aussagen sind einfach aber deutlich, und die Umsetzung hat etwas metaphysisches an sich - das drücken auch die eigenwilligen Farben aus. Nicht zuletzt wird man auch das Gefühl nicht los, dass der Autor die Stadt sehr genau kennt, vielleicht auch sogar in ihr lebt oder gelebt hat, denn auch die Atmosphäre wirkt echt. Action sollte man nicht erwarten, auch keine allzu magischen und abgedrehten Momente. Das Ganze bleibt nah an der Lebenswirklichkeit, nutzt die besondere Reise nur als Stilmittel, um Catalina die Augen zu öffnen.

Daher kommen auch die Zeichnungen sehr realistisch daher, die Farbgebung ist eher reduziert, aber dem Anlass angemessen.

Für „Karmen“ sollte man Spaß an eher metaphysischen Geschichten haben, in denen der zwischenmenschliche Alltag mit all seinen Facetten im Mittelpunkt steht, denn das Phantastische ist hier nur ein wichtiges Stilmittel, um die Aussagen zu transportieren, die der Künstler vermitteln will.