Doris Litz: Spur der Rache (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Dienstag, 01. Februar 2022 07:00
Doris Litz
Spur der Rache
dp Verlag, 2020, eBook, 4,99 EUR (auch als Taschenbuch erhältlich)
Rezension von Elmar Huber
„Er ist ein Mensch ohne Mitleid, wurde Sina im Bruchteil einer Sekunde klar. Ihr lief ein Schauder über den Rücken. Sie hätte schwören können, dass er einer der Kerle aus dem Wagen war. Sie schaute sich um, konnte den zweiten Mann jedoch nirgends entdecken. Stattdessen kam Balu angerannt und schnüffelte neugierig am Hosenbein des Fremden. Asha blieb zurück und knurrte leise vor sich hin, ohne den Mann eine Sekunde aus den Augen zu lassen.“
An der Felsenküste von Rügen wird die Leiche von Jan Lehmann gefunden, einem Urlauber aus Rheinland-Pfalz. Schon bei der ersten Untersuchung des Toten wird deutlich, dass dieser Fundort nicht einmal annähernd in der Nähe des Tatorts liegt; jemand gibt sich Mühe, sein ‚Revier‘ geheim zu halten. Ein Foto, das Lehmann bei sich hat, legt außerdem nahe, dass er nicht allein unterwegs war. Seine Frau, Sabrina Lehmann, ist spurlos verschwunden. Die Ermittlungen der Stralsunder Polizei ergeben, dass in den letzten zwölf Monaten mindestens drei weitere Paare unter ähnlichen Umständen verschwunden sind. Für die Kommissare Katie Hansen, Hendrick van Loh und ihren Koblenzer Kollegen Alexander Bierbrauer beginnt ein Wettlauf mit der Zeit.
„Seit er in der mecklenburgischen Provinz sesshaft geworden war, konnte er alles von Anfang an planen. Für die Wahl seiner Opfer hatte er ein perfektes System entwickelt, das nicht nur wesentlich weniger riskant war, sondern ihm auch jede Menge Informationen über die Frauen verschaffte. Das gab seiner Arbeit einen völlig neuen Reiz. Dieses blinde Herumstochern von früher kam ihm im Vergleich dazu regelrecht stümperhaft vor.“
Mit „Spur der Rache“ legt Doris Litz einen Debütroman vor, der sich mehr als sehen lassen kann. Die Autorin baut ein gut dosiertes Gleichgewicht zwischen den Charakteren und der Ermittlungsarbeit auf, ohne dass die Spannung auf der Strecke bleibt. Bereits die ersten Anhaltspunkte der Ermittler beschwören ein ungutes Gefühl herauf. Nach und nach wird deutlich, dass die verschwundenen Paare schon bei der Buchung ihres Urlaubs gezielt in eine Falle gelockt wurden. Jemand sucht ganz bewusst bestimmte Opfer aus.
Die Ermittlungsarbeit der Polizei ist stringent und logisch aufgebaut. Für zusätzliche Würze sorgen einige außeramtliche Entwicklungen im Team. Über private Kanäle bekommt Sabrinas Ex-Freund, der Koblenzer Kommissar Alexander Bierbrauer, Wind von dem Fall und lässt sich der „Soko Königsstuhl“ (so heißt die berühmteste Kreidefelsformation auf Rügen) zuteilen.
Obwohl Bierbrauer nie über Sabrina hinweggekommen ist, bahnt sich auch ein Verhältnis mit Katie Hansen an. Und auch Kommissar Hendrick van Loh beginnt, zarte Bande zu einer Teamkollegin zu knüpfen. Das alles ist unaufdringlich zusammengeflochten und wirkt keineswegs aufgesetzt. Was dagegen Sabrina Lehmann in ihrer Gefangenschaft durchmacht, ist nicht unbedingt etwas für zarte Gemüter.
Das Finale wird schon relativ früh vorbereitet, und außergewöhnlich langsam, mit stetig steigender Spannung, zieht sich die Schlinge um den Täter zu. Gleichzeitig wird auch für Sabrina Lehmann die Zeit immer knapper.
„Spur der Rache“ ist ein beeindruckendes Debüt. Die Figuren sind gut gezeichnet und Doris Litz jongliert souverän alle Handlungsfäden, ohne dass die Spannung abreißt.