Maddrax 574: Flucht aus der Dunkelheit, Ian Rolf Hill (Buch)

Maddrax 574
Flucht aus der Dunkelheit
Ian Rolf Hill
Bastei, 2022, Romanheft, 68 Seiten, 2,10 EUR (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Matthias Hesse

Nicht die Hölle als solche, wohl aber der Weg zu ihr ist mit guten Vorsätzen gepflastert. Dieses Bonmot wird George Bernhard Shaw zugeschrieben, verbürgt ist seine Autorenschaft aber nicht. Nur um das vorab mal kurz vorwegzunehmen, denn das Zitat kommt der Episoden-Hauptrolle in „Flucht aus der Dunkelwelt“ einmal in den Sinn. Woher sollte sie auch von dem zum Handlungszeitraum bereits seit 700 Jahren verstorbenen irischen Dichter wissen? 

Triell muss sich schließlich ganz anderen Problemen stellen: Aufgewachsen in der von religiösen Fanatikern beherrschten Dunklen Parallelwelt, ist sie immun gegen deren persönlichkeitsverändernden Keim. Doch das schafft ihr kein ungefährliches Leben, im Gegenteil. Ihre Familie ist permanenter Bedrohung ausgesetzt, auch wenn der üble Einfluss des Wandlers stetig abnimmt - dessen Machtzentrum, das „Dunkle Herz“, hat ja beim Weltenriss in die Nachbarrealität rübergemacht.

Mit tarnenden Kontaktlinsen ausgestattet und ihrem Robo-Freund Shujaa im Schlepptau, sucht sie das allmählich verschlickende Ufer des Victoriasees nach Brauchbarem ab. Weil der Wasserstand sich durch die regelmäßigen Öffnungen des Parallelweltportals allmählich zwischen den Welten angleicht, zieht der See sich zurück. Auf ihrem Streifzug wird sie Zeuge, wie Victorius de Rozier, von Umbusi dominiert, verfolgt und attackiert wird. Beherzt greift sie ein, wie es sich für eine (siehe Cover) sexy, kampferprobte und bis zur Leichtsinnigkeit furchtlose Pulp-Novel-Heldin gehört.


So startet der aktuelle „Maddrax“-Beitrag von Ian Rolf Hill, und von da aus entspinnt sich eine actiongetriebene Geschichte, die aber weniger von ihren zahlreichen Kampfszenen als ihren herrlich verschrobenen Charakteren lebt. Interessante Figuren sind ohnehin eine Spezialität von Ian Rolf Hill. Beim Tüftler und Erfinder Morusami ist es (sorry, mittelgroßer Spoiler, wenn auch keine wirkliche Überraschung) recht schade, dass er es nicht mehr in die MX-Stammpersonal-Akte schaffen wird. Doch im Mittelpunkt steht ohnehin Triell, die nicht nur das Schöne Mädchen von Seite 1 ist, sondern, zumindest als Potential angelegt, auch genug psychologische Tiefe hat, um in den kommenden Romanen eine größere Rolle einzunehmen.

Besonders in der ersten Hälfte des Heftes lässt sich der Erzähler viel Zeit, Triells Familiengeschichte (die Erfinderwerkstatt, die Stadt Kam'ala und die beklemmende Atmosphäre, der sich die junge Frau mit all ihrer Lebenskraft entgegenwirft, zu entwickeln) nicht gleich mit der Tür ins Haus zu fallen und die Leser auch mal auf eine falsche Fährte zu locken. Dass es dann zum ereignisreichen Finale etwas hektischer zugeht und die zu Beginn angeteaserten Anderen - ebenfalls eine tolle Plot-Idee - deutlich zu kurz kommen, wiegt da als Manko nicht schwer.

„Flucht aus der Dunkelwelt“ ist zwar zu sehr in die derzeitige Gesamthandlung eingebunden, um als einsteigerfreundlicher Einzelroman durchzugehen, ist aber durch seine anrührende Geschichte und seine besondere Atmosphäre mehr als nur ein Heft unter vielen. Und: Der Ausgang der Geschichte macht Hoffnung, dass der Kampf gegen die Dunkle Bedrohung kein aussichtsloser ist.