Patricia Briggs: Pfad der Wölfe (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Dienstag, 18. Januar 2022 16:30
Patricia Briggs
Pfad der Wölfe
Alpha & Omega 6
(Wild Sign, 2020)
Übersetzung: Vanessa Lamatsch
Titelbild: Dan dos Santos
Heyne, 2022, Taschenbuch, 446 Seiten, 9,99 EUR (auch als eBook erhältlich)
Rezension von Carsten Kuhr
Der Marrok, Anführer aller Werwölfe in Amerika, entsendet drei seiner Besten, um ein Rätsel zu lösen. Sein Sohn Charles, dessen Gefährtin - die Omega Anna - und Tag von dem Magie abperlt wie Wasser von einem Öltuch, machen sich nach Kalifornien auf. Im urwüchsigen Norden, inmitten einer Wildnis, besitzt der Marrok seit Jahrzehnten Land, Land auf dem sich eine wilde Kolonie ausgebreitet hat - besser gesagt: hatte.
Hierher verschlug es menschliche Aussteiger, die nichts mehr mit der Zivilisation zu tun haben wollten, die es zurück zu ihren Wurzen zog.
Das Dorf ist verlassen, die Menschen verschwunden; ausgerechnet hier, wo vor rund zwei Jahrhunderten ein magisches Übel mühsam in seine Schranken verwiesen, nie aber richtig besiegt worden war.
Vor Ort angekommen stößt unser Triumvirat auf Spuren von Hexen, Göttern, Wanderern und einem uralten Bösen: dem Sänger.
Über die Jahre hat Patricia Briggs mit ihren beiden miteinander verzahnten Urban-Fantasy-Reihen um die KFZ-Mechanikerin und Wer-Kojotin Mercy Thompson sowie die Werwölfe Alpha & Omega eine sehr eigenständige Schöpfung kreiert. Natürlich gibt es auch bei ihr Hexer, Vampire und Werwölfe - aber sie inkludiert immer auch Ungewöhnliches. Seien es die altirischen Fae, germanische Übernatürliche oder Wanderer, Naturgötter und Geister aus den indianischen Überlieferungen.
Mit dem ungewöhnlichen Paar - dem Werwolf fürs Grobe, sprich der überall gefürchtete Henker der Marrok, und der Omega, einer Werwölfin, die durch ihre Existenz und Ausstrahlung allein schwelende Konflikte schon befrieden kann, hat sie ihre Schöpfung immer weiter ausgedehnt.
Vorliegender Roman ist ein klein wenig anders, als die bisherigen Titel der Reihe. Anders insofern, als die Handlung erstaunlich actionarm ist. Es geht um die Lösung eines Rätsels. Eine Gruppe Menschen ist verschwunden, warum, wohin, was ist passiert?
Im Verlauf der Ermittlungen stoßen unsere Drei auf Bigfoot, dunkle und weiße Hexen, Wanderer und Götter. Das alles wird in einem unaufgeregtem Stil erzählt, die Faszination ergibt sich aus den Figuren, den Geheimnissen und den Entwicklungen, nicht aus Kämpfen. Immer tiefer tauchen unsere Protagonisten in die Überlieferungen der lokalen Folklore ein, treffen aber auch auf faszinierende Menschen. Dabei werden gleichgeschlechtliche Beziehungen als etwas Alltägliches gezeigt, ohne dass dies groß in den Vordergrund gerückt würde. Immer interessanter werden die Mysterien, was hinter den letztlich tragischen Vorgängen steckt, wie das drohende Unheil sein Haupt reckt und - vielleicht - aufgehalten werden könnte.
„Pfad der Wölfe“ ist ein umfangreicher Roman, zu dessen ganzen Genuss man aber die beiden Reihen zumindest ansatzweise kennen sollte, um die Anspielungen und Verweise zu verstehen. Dann bietet der Band beste Unterhaltung, die zeigt, dass auch ohne große Schlachten Spannung erzeugt werden kann und der Leser fasziniert an den Seiten klebt.