Stephen M. Irwin: Der Sog (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Mittwoch, 03. November 2010 21:08

Stephen M. Irwin
Der Sog
(The Dead Path, 2009)
Aus dem Englischen von Fred Kinzel
Blanvalet, 2010, Taschenbuch, 544 Seiten, 8,95 EUR, ISBN 978-3-442-37575-2
Von Gunther Barnewald
Der junge Protagonist Nicholas Close ist in Australien aufgewachsen, lebt aber mit seiner Frau mittlerweile in London. Als er bei einem Motorradunfall verletzt wird und gleich seine Frau anruft, stürzt diese so unglücklich von einer Leiter, dass sie sich das Genick bricht. Zudem kommt zu Nicholas’ Unglück, dass er eine schwere Kopfverletzung davon trägt, die bewirkt, dass er plötzlich Tote sehen kann.
Dort, wo Menschen unter unnatürlichen Umständen verstorben sind, sieht er deren Sterben wie einen Film in der Endlosschleife. Als er in die Wohnung zurückkehrt, muss er mit ansehen, wie seine Partnerin immer wieder zu Tode stürzt. Deshalb entschließt sich der traumatisierte Nicholas, nicht nur die Wohnung aufzugeben, sondern auch zu seiner Mutter und seiner Schwester nach Australien zurückzukehren.
Kurz vor seiner Ankunft verschwindet dort ein Junge spurlos und dessen Leiche wird kurze Zeit später mit durchschnittener Kehle aufgefunden. Dies erinnert Nicholas daran, dass auch er selbst als Kind fast ermordet worden wäre, als er und sein Freund Tristram Boye beim Spielen von einem scheinbaren Amokläufer verfolgt und in ein unheimliches Waldgebiet getrieben wurden. Während Nicholas entkam, wurde seinem Freund die Kehle durchgeschnitten. Zu allem Überfluss taucht auch noch Tristrams älterer Bruder vor der Tür von Nicholas Mutter auf, legt sich eine Flinte unter sein Kinn und erschießt sich. Der völlig geschockte Nicholas sieht von da an ständig Tristrams Bruder vor der Tür des Hauses Selbstmord begehen. Außerdem sieht er, wie einige andere Kinder aus der Vergangenheit in das unheimliche Waldgebiet verschleppt und getötet werden. Ihm wird klar, dass dort Grauenvolles vor sich geht. Die Spuren führen zu einer unheimlichen Frau, die schon auf alten Fotos von vor 150 Jahren zu sehen ist und die noch immer am Leben zu sein scheint. Sie gewinnt über jeden Macht und tötet alle, die Hand an das Waldgebiet legen wollen. So sind schon einige Architekten, Landentwickler und Menschen ähnlicher Berufsgruppen unter mysteriösen Umständen zu Tode gekommen, genau wie die Kinder, die regelmäßige Blutopfer zu sein scheinen. Als Nicholas und einige Verbündete sich mit der alten Frau anlegen wollen, scheint schnell klar, dass Nicholas, seine Schwester, die Witwe von Gavin Boye und ein örtlicher Geistlicher, ihr kaum gewachsen sind, denn die Macht der alten Hexe scheint kaum Grenzen zu kennen und so wird einer nach dem anderen ausgeschaltet...
Stephen M. Irwins Thrillerdebüt ist brillant geschrieben und weist eine überzeugend gruselige Atmosphäre auf, wobei der Autor allerdings dazu neigt, manchmal etwas zu weitschweifig zu erzählen. Vor allem zwischen der Seite 170 und 300 des Romans hat die Geschichte einige Längen, die Erzählung schlägt zudem manchmal allzu unwahrscheinliche und unglaubwürdige Haken. Großes Plus von „Der Sog“ ist jedoch sein geschickt konstruierter Spannungsbogen. Vor allem auf den letzten 100 Seiten gewinnt die unheimliche Handlung nochmals deutlich an Fahrt. Die sympathischen Protagonisten sind glaubhaft geschildert, die Präsentation der nicht allzu neuen Ideen durch den Autor doch so geschickt mit der Handlung verwoben, dass gar nicht auffällt, dass Irwin hier alte Klischees strapaziert.
Insgesamt ist das vorliegende Buch ein unterhaltsamer und vor allem gut geschriebener Horrorthriller, zwar kein Meilenstein des Genres, aber immerhin vergnüglich und packend zu lesen.