Christine Lehmann: Allmachtsdackel (Buch)


Christine Lehmann
Allmachtsdackel
Lisa Nerz 6
Titelbild Martin Grundmann
Argument, 2007, Taschenbuch, 320 Seiten, 11,00 EUR (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Elmar Huber

Die Stuttgarter Boulevard-Reporterin Lisa Nerz begleitet ihren Gefährten, den Staatsanwalt Richard Weber, ans Totenbett seines Vaters in die schwäbische Provinz. Was zuerst wie ein natürlicher Tod aussieht, wirft bei genauerer Betrachtung bald einige Fragen auf. Zum einen war der Verstorbene weder bei seiner Familie noch in seinem Umfeld besonders beliebt, zum anderen beschleunigt der Tod des einflussreichen, doch starrsinnigen Alten auch einige Grundstücksgeschäfte. 

Während Richard von seinen Familienmitgliedern auf verschiedenste Weise in Beschlag genommen wird, spielt Lisa Nerz im Hintergrund ihre journalistischen Fähigkeiten aus und betätigt sich als Detektivin.


Man hat den Eindruck, dass Christine Lehmann „Allmachtsdackel“ als harmlosen Regional-Krimi tarnen will, nur um den Leser dann augenzwinkernd hinters Licht zu führen. Dabei sollte man schon ein Faible für bissig-zynische Kommentare haben, die die übermütige Lisa Nerz nicht müde wird, auf das Landleben und dort geltenden Gepflogenheiten abzuschießen.

Beinahe en passant sammelt die Reporterin in ihren Gesprächen Informationen zusammen, aus denen sich stets wechselnde Mord-Motive und damit auch immer neue Verdächtige ergeben. Mancher Argwohn zerschlägt sich wieder, doch einzelne Indizien bleiben im Gedächtnis (auch des Lesers) hängen. Scheinbar nebensächlich erwähnte Ereignisse gewinnen plötzlich an Bedeutung, und neu kombiniert lassen sich neue Tatmotive und -abläufe entwickeln.

Christine Lehmann baut das alles so lässig und souverän auf, dass man gar nicht bemerkt, wie sich ein insgesamt recht komplexes Handlungsnetz entspinnt. Auf phänomenale Weise gelingt es der Autorin, die Handlung nicht entgleisen zu lassen, sondern alles rund, geschlossen und übersichtlich zu halten.

In der derart durchdacht konstruierten Handlung wirkt die burschikose Lisa Nerz fast wie ein Kontrapunkt, wie sie sich kampfeslustig, ungeniert und manchmal gar dreist durch das Geschehen drängelt. Und doch verfügt die Journalistin, schon von Berufs wegen, über feine Antennen, versteht es, Stimmungen und Unausgesprochenes zu deuten und weiß, wo sie Hebel ansetzen kann, um von ihrem Gegenüber mehr zu erfahren. Dabei bleibt die Figur auch vor emotionalen Verstrickungen nicht gefeit. Die patente Barbara, Richards Cousine, hat es ihr angetan und stürzt Lisa Nerz in ein Wechselbad von Lust und Eifersucht, waren Richard und Barbara doch in ihrer Jugend unzertrennlich.

„Allmachtsdackel“ ist ein famos und intelligent konstruierter Krimi, der unspektakulär beginnt, dann immer mehr fesselt. Überraschende Entwicklungen inklusive.