Joe Hill: Vollgas und andere Erzählungen (Buch)

Joe Hill
Vollgas und andere Erzählungen
(Full Throttle, 2019)
Übersetzung: Manfred Sanders
Titelbild: Arndt Drechlser-Zakrzewski
Festa, 2021, Hardcover, 684 Seiten, 24,99 EUR (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Carsten Kuhr

Bereits zum zweiten Mal legt der Verlag, der sich selbst das Motto „Wenn Lesen zur Mutprobe wird…“ auferlegt hat, einen Sammelband mit Erzählungen von Joe Hill in hochwertiger Hardcover-Ausstattung vor.

Dreizehn Geschichten erwarten den Rezipienten dieses Mal, zwei davon wurden in Zusammenarbeit mit Hills Vater, einem gewissen Stephen King, geschrieben. Dabei beweisen die Storys und Erzählungen deutlich, dass der Sohn die Hilfe seines Vaters wahrlich nicht braucht.

Die Beiträge sind ganz unterschiedlich angelegt. Sie zeichnen sich alle durch eine erzählerische Wucht aus, die selten ist. Dabei sind die Themen wie die jeweilige Ausgangssituation der Geschichten wirklich vielfältig.

Es gibt klassische unheimliche Erzählungen, dann wieder fast märchenhafte Geschichten, Anrührendes, Nachdenkliches und Ergreifendes. Die Bandbreite ist sehr hoch, jeder Beitrag aber verlangt vom Leser, sich auf diesen einzulassen.

Man kann die Beiträge natürlich hintereinander weglesen, doch dann versäumt man viele Nuancen. Am Besten ist es, wenn man sich Zeit nimmt und die Storys auf sich wirken lässt.

Hill versucht gekonnt immer wieder auch nachdenkliche Züge in seine Erzählungen einfließen zu lassen. Im Zentrum stehen oftmals Figuren, die nicht unbedingt dem Üblichen entsprechen. Kranke, Alte, Loser und durch das soziale Netz Gefallene werden uns präsentiert, ihre Gefühlslage einfühlsam dargestellt.


Sei es die Rocker-Gang, die von einem Trucker verfolgt wird; das Karussell, dessen Tiere etwas sehr nachtragend sind; die Bahnfahrt eines gnadenlosen Vorstands eines internationalen Multis, die diesen in Kontakt mit Kritikern der pelzigen Art bringt oder der Dinosaurier, der eines Tages tot an Land gespült wird. Dann gibt es da noch eine Tür, durch die man ein Land betreten kann, in dem Faune und andere magische Wesen leben; einen Bibliotheksbus, der todkranke Menschen mit sensationellem Lesestoff versorgt; die Geschichte einer Soldatin, deren Irak-Erlebnisse sie auch im Zivilleben verfolgen etc.


Das Besondere an allen Geschichten ist immer, dass Hill sich die Zeit nimmt, uns seine Figuren erlebbar zu machen. Ihr Schicksal berührt uns, ihr Mut, mit dem sie den Fährnissen begegnen, die auf sie einstürmen, ringt uns Achtung ab.

Es sind gerade die leisen Geschichten, die einem besonders im Gedächtnis bleiben. Dabei ist das seltsame, das Übernatürliche, das Unheimliche nie im Vordergrund sondern gesellt sich unauffällig zum jeweiligen Plot.

So ist dies ein Band, der eine beeindruckende Bandbreite aufweist, ein Buch, für das man sich Zeit nehmen sollte, Eine Lektüre, die den Leser berührt.