Maddrax 557: Der Sklavenhändler, Ian Rolf Hill (Buch)

Maddrax 557
Der Sklavenhändler
Ian Rolf Hill
Bastei, 2021, Romanheft, 68 Seiten, 2,00 EUR (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Matthias Hesse

Ian Rolf Hill, der mit „Der Sklavenhändler“ sein 34. „Maddrax“-Romanheft vorlegt, ist Comic-Freak - was Literaturwissenschaftler zukünftiger Generationen mit Leichtigkeit an seiner Schreibe werden nachweisen können. So sind die Kampf- und Prügelszenen, und davon gibt es in seinen Storys reichlich, deshalb so gut les- und visualisierbar, weil sie von Panel zu Panel gedacht sind, oft mit überraschenden Perspektivwechseln arbeiten (zum Beispiel die Faust aus dem Blickwinkel dessen, der sie gleich vor die Rübe kriegt) und eine klare Bildsprache bedienen.

Ganz allgemein sind seine Erzählungen in Sachen Gewaltdarstellung ähnlich drastisch, wie wir es vom US-Comic gewohnt sind, und genau wie dieser etwas dezenter, wenn es sexuell wird. Hill hat einen Heidenspaß daran, seine Figuren in die Extreme zu treiben: Extrem wahnsinnig, extrem kampfstark, extrem brutal. Gerade erst als Halbtote auf dem OP-Tisch zusammengeflickt, jetzt schon wieder im Fast-Alleingang eine Bande übler Schlägertypen mit beinahe akrobatischen Nahkampf-Skills in Schach halten - das ist durchaus ein bisschen drüber.

 

„Der Sklavenhändler“ knüpft nahtlos an Folge 552, „Vasraas Rache“, an, spielt auf der anderen Seite des Großen Teiches und kommt ohne den Titelhelden der Serie aus. Vasraa Uon heißt jetzt Razor, sonst ändert sich wenig. Nach ihrem Gleiterabsturz weiß sie nicht mehr, wer sie ist, wird vom Waashtoner Unterweltkönig King Curd aufgegriffen, der ins Sklavengeschäft einsteigen und deshalb mit einem Menschenhändler kooperieren will. Die Bande unbeugsamer Straßenkinder, die Maddrax uns schon im vergangenen Zyklus vorgestellt hat, ist dabei das Ziel. Razors Erinnerungen dringen zwar nur äußerst bruchstückhaft an die Oberfläche, doch wer in diesem Spiel die Guten und die Bösen sind, sagt ihr der Instinkt.


Mein Instinkt hingegen wies mich immerhin freundlich darauf hin, dass die Namenswahl sicher nicht zufällig ist. Razor? Irgendwie klingelte da was. Und tatsächlich, Razor ist auch die Titelheldin einer ziemlich trashigen Revenge-Slasher-Comicreihe aus den 90ern; die Bildersuche zeigt eine Kampfmaschine mit Messerhänden und meist halbrasiertem Schädel, und angesichts einiger Suchergebnisse scheint auch die Einstufung 18+ nicht gänzlich unplausibel. Eine Hommage also, und was die Brutalität angeht, ist „Der Sklavenhändler“ so wenig zimperlich wie der Comic. A propos Namen: Einen Butscha gibt es ebenfalls, auch einen Peet Bull … dass der Episoden-Bösewicht auch noch Hesch Tägg heißt und seinem „Besitz“ gerne ein ebensolches Brandzeichen verpasst, wäre mir in einem „seriösen“ Buch vermutlich dann doch etwas zu albern. Doch das Genre Pulp-Roman hält solchen Quatsch locker aus, zumal dieses Heft ohnehin ein rundum gelungenes Lesevergnügen ist.

Florian Hilleberg alias Ian Rolf Hill ist der zur Zeit präsenteste „Maddrax“-Autor und auch für die Serien „John Sinclair“ und „Professor Zamorra“ aktiv. Dass er auch bei den Fans dieser Reihen hoch im Kurs steht, hat einen einfachen Grund: Er kann einfach mit Worten. Ob es die zittrige OP eines versoffenen Unterwelt-Arztes ist oder die archaische Schlachtung eines Schweins, der Kampf der Straßenkids gegen ihre Häscher: Der Roman ist eindringlich, drastisch und sehr, sehr finster. Wer für so was empfänglich ist, wird sicher seinen Spaß damit haben.