Caitlin Kittredge: Blutfehde – Nocturne City 2 (Buch)
- Details
- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Montag, 11. Oktober 2010 10:30
Caitlin Kittredge
Blutfehde
Nocturne City 2
(Pure Blood)
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Daniel Müller
Titelillustration von Shutterstock
Lyx, 2010, Taschenbuch mit Klappenbroschur, 440 Seiten, 9,95 EUR, ISBN 978-3-38025-8294-3
Irene Salzmann
Kaum hat Luna Wilder, Detective beim NCPD, nach einer mehrwöchigen Pause wieder ihren Dienst angetreten, stößt sie auf einen Drogentoten. Allerdings ist etwas an ihm sonderbar, und das trifft auch auf die nächsten Junkies zu, die scheinbar an einer Überdosis starben. Die Spur führt Luna zu den Blackburns, einem abgehalfterten Bluthexen-Clan, und den O’Hallorans, einer einflussreichen Sippe Casterhexen, die seit Generationen miteinander verfeindet sind.
Ausgerechnet Shelby O’Halloran ist Lunas neue Partnerin, die ihr Captain Matilda Morgan, die ebenfalls frisch aufs 24. Revier versetzt wurde, gegen ihren Willen zuteilt. Luna und Shelby können sich vom ersten Moment an nicht leiden, aber sie haben keine andere Wahl, als zu kooperieren, wollen sie Marke und Dienstwaffe nicht an den Haken hängen. Dabei haben die Frauen auch Gemeinsamkeiten: Luna ist eine Werwölfin und lehnt Magie ab, was sie zum schwarzen Schaf ihrer Familie macht. Shelby beherrscht ebenfalls keine Magie und wird als Versager betrachtet.
Obwohl Shelby, die sich ihren Angehörigen verpflichtet fühlt, Luna aufzuhalten versucht, setzt diese ihre Recherchen fort und gerät prompt zwischen die einander bekämpfenden Clans. Der Einzige, dem sie vertraut und den sie um Hilfe bitten kann, ist der Werwolf Dmitri Sandovsky, aber das wollen seine Rudel-Ältesten nicht zulassen. In ihren Augen ist Luna als Insoli, als Wölfin ohne Rudel, minderwertig, und man gibt ihr die Schuld daran, dass sich Dmitri, nachdem er von einem Dämon gebissen wurde, verändert hat. Man hat ihm sogar eine Partnerin aufgezwungen – und Irina hasst ihre Rivalin.
In Folge ist Luna ganz allein auf sich gestellt, als die Auseinandersetzung zwischen den O’Hallorans und den Blackburns eskaliert. Eine der Parteien hat der anderen ein wertvolles magisches Artefakt gestohlen und plant, es einzusetzen, um grenzenlose Macht zu erlangen. Zu allem Überfluss taucht auch noch Lunas Ex auf, der sie zum Werwolf machte und sie seither in ihren Albträumen verfolgt. Er hat ihr nicht verziehen, dass sie ihm damals davon lief, statt sich dominieren zu lassen und sich seinem Rudel anzuschließen.
Nach „Schattenwölfe“ ist „Blutfehde“ der zweite in sich abgeschlossene „Nocturne City“-Roman. Zwar treten hier auch bedeutende Charaktere aus dem ersten Buch auf, aber es ist nicht notwendig, dieses zu kennen, um der Geschichte folgen zu können. Das Wesentliche wird nebenbei kurz zusammengefasst. Allerdings lohnt es sich, die Bände in der richtigen Reihenfolge zu lesen, und das nicht nur wegen des Aha-Effekts, sondern vor allem deshalb, weil Caitlin Kittredges Titel zu den empfehlenswerten Büchern zählen, da sie sich durch eine komplexe Handlung, interessante Charaktere und eine spannende Story, die nicht auf eine ausufernde Romanze beschränkt ist, auszeichnen. Folglich ist die Reihe „Nocturne City“ auch für eingefleischte Horror-Fans interessant.
Luna Wilder ist eine Einzelgängerin mit vielen Geheimnissen. In „Schattenwölfe“ musste sie offenbaren, eine Werwölfin zu sein. Im Police Department hat sie deshalb nicht nur Freunde, sondern auch Feinde, die ihr das Leben schwer machen. Der neue Captain und die Partnerin gehören offenbar dazu; Solidarität unter Frauen gibt es nicht. Notgedrungen fügt sich Luna ihren Befehlen, aber als sie erkennt, dass Shelby O’Halloran und Matilda Morgan die Aufklärung des Falles behindern oder sogar verhindern wollen, ermittelt sie auf eigene Faust. Stück für Stück kommt sie dem Rätsel auf die Spur, enthüllt die Grund für die „Blutfehde“ zwischen den Blackburns und den O’Hallorans, findet den Mörder und muss sich auf ein tödliches Unternehmen einlassen, um ihn überführen und unschädlich machen zu können. Dabei erhält sie Hilfe von unerwarteter Seite. Obwohl Dmitri sich Luna nicht nähern darf, taucht er regelmäßig als deus ex machina auf, und noch ein fragwürdiger Verbündeter leistet Beistand. Man hat schon den Eindruck, dass sich die Autorin hin und wieder in eine Sachgasse manövrierte und gezwungen war, sich solcher Wendungen zu bedienen, aber es fällt nicht wirklich negativ auf, da dadurch deutlich gemacht wird, wo Dmitris Prioritäten liegen – und vielleicht wurden auf diese Weise auch die Weichen für eine neue Entwicklung gestellt, denn Luna steht nun in der Schuld eines gefährlichen Helfers. Man sympathisiert mit Luna, obwohl sie ein bad girl und nicht gerade zart besaitet ist. Besonders gelungen ist die Darstellung ihrer persönlichen Probleme: ihre Schwierigkeiten als Frau bei der Polizei, ihre Außenseiterrolle innerhalb einer Familie, die viele Casterhexen hervorbrachte, ihr Status als Insoli, die von männlichen Werwölfen praktisch als Freiwild betrachtet wird, und die Furcht, die sie auslöst, sobald sie sich als Werwölfin zu erkennen gibt. In all das eingebettet sind ihre Beziehungen, die selten einen glücklichen Verlauf nehmen. Der Jugendfreund machte sie zur Werwölfin, der Werwolf, den sie sich als Partner wünscht, soll mit einer anderen Nachwuchs zeugen, der menschliche Freund versteht sie nicht und umgekehrt. Obwohl die Liebe zu Dmitri zu allerlei unvorhersehbaren Entwicklungen führt, dominiert sie nicht die Handlung – ein dickes Plus des Romans. Trotzdem kommen auch die Freunde der Romantic Mystery nicht zu kurz.
Caitleen Kittredge schreibt flüssig und spannend, sie schildert ihre Charaktere überzeugend und versteht es, die Neugierde des Lesers wach zu halten bis zum Schluss. „Blutfehde“ ist ein wahrer Pageturner, der sich von der Masse der Paranormal Romances wohltuend abhebt, da die phantastische Handlung im Vordergrund steht und für reichliches Lesevergnügen sorgt.