Jodi Taylor: Doktor Maxwells skurriles Zeitexperiment (Buch)

Jodi Taylor
Doktor Maxwells skurriles Zeitexperiment
(A Second Chance (The Chronicles of St. Mary’s Book 3), 2014)
Übersetzung: Marianne Schmidt
Blanvalet, 2021, Taschenbuch, 490 Seiten, 10,00 EUR (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Gunther Barnewald

Doktor Madeleine, genannt „Max”, Maxwell ist inzwischen die angehende stellvertretende Leiterin des Forschungsinstituts, welches Zeitreisen in die Vergangenheit unternimmt. Und sie hat mindestens genauso schwer einen an der Waffel wie ihre Kollegen, die sich mal wieder mit besonderem Irrwitz austoben müssen, als Max einen Tag abwesend ist. Wegen einer verlorenen Wette müssen sich alle Forscher blau anmalen, wobei natürlich keiner auf die Idee kommt, dafür wasserlösliche Farbe zu nehmen.

So muss Max selbst bei ihrer Rückkehr einspringen, als es darum geht, einen älteren und recht wackeren Professor auf seiner Reise zu Isaac Newton zu begleiten, denn schließlich kann man ja keine „Schlümpfe” in die Vergangenheit schicken, ohne dort gleich einen Skandal mit Festnahme auszulösen.

Max und ihr Begleiter kommen natürlich prompt auch bei diesem harmlos erscheinenden Trip in des Teufels Küche und entkommen nur mit Not den dortigen Problemen.

Kaum zurück steht dann für Max und ihre Kollegen die langersehnte Reise nach Troja an, um dem Untergang der sagenumwobenen Stadt beizuwohnen.

Leider läuft auch hier wenig wie erwartet; so gibt es weder eine entführte Helena, noch ein hölzernes Pferd, dafür findet sich Max bald von blutrünstigen, beutehungrigen Griechen umringt wieder und glaubt, ihr letztes Stündlein habe geschlagen.


Erneut sorgt Doktor Maxwell mit skurrilen Sprüchen, markigem Auftreten und bekloppten Handlungen für Erheiterung und Amüsement beim Leser.

Sie und ihre Kollegen lassen wieder keine kindsköpfige Peinlichkeit aus, um die eigene geistige Unreife unter Beweis zu stellen. Sei es die absurde Teilnahme an einem selbstmörderischen Käse-Rennen einen steilen Abhang herunter oder der Besuch einer berühmten Schlacht bei Azincourt 1415 zwischen dem englischen König Heinrich V. und den Franzosen unter König Karl VI., in jedem Fall riskieren diese Verrückten mutwillig ihr Leben im Getümmel, um historische Aufzeichnungen zu machen.

Gleiches gilt natürlich auch für die Belagerung und den Untergang Trojas, wobei die Autorin eigene Ideen zum Fall der Stadt einbringt (zwei alternative Hypothesen von Jodi Taylor, die zwar möglich erscheinen, aber nicht unbedingt zutreffen müssen, die aber zumindest recht innovativ den Verlauf der Geschichte erklären könnten).

Kurzerhand schreibt Taylor also die Erzählung des berühmten Homer um, denn schließlich war dieser als Grieche natürlich parteiisch und hat sehr voreingenommen von seinen kriegerischen Landsleuten berichtet. Ihnen statt Besitzgier die Eitelkeit des gekränkten Herrschers anzudichten und einen genialen Plan zu unterstellen, der sie nach zehn vergeblichen Jahren der Belagerung doch noch hinter die Mauern bringen konnte, ist natürlich so genial wie unbeweisbar („Man hüte sich vor Griechen, die Geschenke bringen; vor allem wenn dies hölzerne Pferde sind!).

Hier hat die Autorin ganz eigene Ideen, warum Troja fiel. Denn die Belagerer sind schon so gut wie abgezogen, als sich das Blatt unverhofft wendet, was immerhin eine interessante Hypothese der Autorin darstellt.

Auch der Renegat aus der Zukunft, der den Zeitreisepod Nummer 9 entführte, taucht wieder auf, entführt Max und lässt sie fast in der Kreidezeit stranden...

Erneut also wieder mehr Gefahren für die abenteuerlustige Max, als ein einziger Mensch überleben kann, weshalb... aber so viel soll hier gar nicht verraten werden!

Wieder einmal ist die Lektüre dieses weiteren durchgeknallten Zeitreise-Abenteuers und die nähere Beschäftigung mit dieser irren Forscherin pures Vergnügen und einfach umwerfend komisch.

Auch der dritte Band der Serie hat die üblichen Schwächen (schlecht recherchiert, kaum historisch glaubwürdige Details, Figuren manchmal etwas klischeehaft) und Stärken (geniale Gags, herrlich bescheuerte Charaktere und Handlungen, hoher Spannungsgehalt der Erzählung, beeindruckende Atmosphäre) der beiden Vorgängerbände und hält so mühelos das Niveau der Serie hoch. Hoffentlich macht die Autorin nahtlos so weiter!

Erneut fieser Fun Fact am Rande: Der Gestalterin des Titelbildes (Isabelle Hirtz) ist es erneut gelungen (wie schon im zweiten Band!), ganz unverfänglich, das Wort Corona (hier in der Nähe des hölzernen Pferdes) auch auf diesem Cover unterzubringen. Chapeau!