Alice im Wunderland (Comic)

Sakura Kinoshita
Alice im Wunderland
(Alice in Wonderland, 2007)
Aus dem Japanischen von Yuko Keller
Titelillustration und Zeichnungen von Sakura Kinoshita
Tokyopop, 2010, Hardcover, 80 Seiten, 14,00 EUR, ISBN 978-3-86719-984-1

Von Christel Scheja

Wenn man sich auch heute japanische Mangas betrachtet, wird man das Gefühl nicht los, dass die Faszination der Künstler und Leser an der europäischen Kultur des 19. Jahrhunderts ungebrochen ist. Nicht nur die Mode, auch einige der englischen Kinderbuchklassiker scheinen hoch im Kurs zu stehen, allen voran „Alice im Wunderland“ von Lewis Carroll. Meist bedienen sich die Künstler nur an Elementen des Kinderbuches – hin und wieder kommt es aber auch vor, dass sie in eigener Interpretation umgesetzt werden – oder eben recht werkgetreu so wie in „Alice im Wunderland“ von Sakura Kinoshita.

Die Geschichte selbst dürfte den meisten Lesern zumindest in den Grundzügen bekannt sein, spätestens durch die diesjährige Verfilmung von Tim Burton für Disney: Bei der Verfolgung eines seltsamen weißen Kaninchens stürzt die kleine Alice in ein Loch in die Tiefe und findet sich in einer verrückten Welt wieder, in der die Tiere und Pflanzen sprechen können und eine launische Königin über Spielkarten-Soldaten herrscht. Nicht zuletzt begegnet sie einem verrückten Hutmacher, dem immer in Eile befindlichen weißen Kaninchen, einer weisen Raupe sowie einer Suppenschildkröte und einem Greifen und lernt sich an diesem Ort zu behaupten, der all das auf den Kopf stellt, was sie bisher gelernt hat und doch in manchem nicht ganz fremd ist.

Sakura Kinoshita erzählt die Geschichte nicht als durchgehenden Comic sondern in kleinen Episoden von vier bis sechs Seiten, in denen sie einen Aspekt des Romans von Lewis Carroll aufgreift. Zwar fügen sich die sogenannten Kapitel im Nachhinein ineinander, können aber auch für sich alleine stehen. In einem Teil mit Skizzen und Entwürfen plaudert sie aus dem Nähkästchen und berichtet, welche Episoden ihr besonders leicht gefallen sind und mit welchen Elementen des Buches sie gar nichts anfangen konnte. Auch schon beim Lesen der Alice-Episoden selbst merkt man schon, dass es ihr vor allem auf den niedlichen Aspekt der Heldin ankam. Das Wunderland ist eine märchenhaft helle Welt ohne wirkliche Gefahren aber mit vielen schrägen und skurrilen Persönlichkeiten und einem ordentlichen Schuss Magie. Selbst die Herzkönigin, hier nur „die rote Herzogin“ wirkt nicht ganz so böse und grausam wie sonst.

Eingebettet ist das in eine edle Aufmachung mit Golddruck und satten Farben auf Hochglanzpapier in einem stabilen Hardcoverband, der sich sehen lassen kann

Alles in allem eignet sich der Band wunderbar als Geschenk für alle „Alice im Wunderland“-Fans, da die Manga-Adaption sehr werkgetreu bleibt und auch vertraute Assoziationen weckt. Vor allem wenn man niedliche und süße Zeichnungen und Inhalte mag, wird man hier auf seine Kosten kommen – diejenigen, die jedoch mehr die düsteren und grausamen Goth-Interpretationen schätzen, sollten besser die Finger von der Ausgabe lassen.