Little Bird 1: Der Kampf um Elders Hope (Comic)

Little Bird 1
Der Kampf um Elders Hope
(Little Bird - Fight for Elder's Hope, 2019)
Text: Darcy van Poelgest
Zeichnungen: Ian Bertram
Übersetzung : Peter Schadt
Cross Cult, 2020 Hardcover, 208 Seiten, 25,00 EUR, ISBN 978-3-96658-210-0

Rezension von Christel Scheja

Auch bei den Comics müssen phantastische Geschichten einen ganz eigenen Weg gehen, gerade wenn sie sich auf den ersten Blick auf vertrautem Terrain bewegen. Das zeigt sich auch an der neuen Serie „Little Bird“, die mit dem Eisner Award ausgezeichnet wurde und für den Harvey Award 2020 nominiert war. Hier zeigen junge Talente, wie abwechslungsreich sie ein eigenwilliges Endzeit-Szenario noch in Szene setzen können.

 

Amerika in nicht allzu ferner Zukunft. Ein allumfassendes und auf Unterdrückung ausgerichtetes Reich hat den Nordkontinent erfasst. Während die Menschen in der ehemaligen USA ganz unter der Fuchtel einer gewalttätigen Kirche stehen, die das Reich Gottes auf Erden predigt, gibt es in den Weiten Kanadas noch Widerstand.

Zu den wenigen Freiheitskämpfern gehört auch die junge Little Bird. Sie hat schon früh gelernt auf eigenen Beinen zu stehen und zu kämpfen. Aber sie ist auch auf der Suche nach ihrer eigenen Identität, denn sie weiß inzwischen, dass nicht alles, was ihr ihre Mutter erzählt hat, wahr ist.

Und so reist sie durch albtraumhafte Regionen und über verbrannte Erde, um den vielen Familiengeheimnissen auf die Spur zu kommen und gleichzeitig gegen die alles unterdrückende Kirche zu kämpfen.


So abwegig ist die Idee eines Gottesstaates in den USA nicht, wenn man sich einmal die immer stärker werdenden evangelikalen Gruppierungen ansieht. Aber scheinbar ist es für die Künstler einfacher, sich als Vorbild die katholische Kirche zu nehmen, weil die meisten Leser dann schneller ein klares Bild vor Augen haben und sich nicht erst an manche verqueren Denkweisen gewöhnen müssen.

Das ist mehr oder weniger der einzige große Kritikpunkt an der Geschichte, die offenbar einen Feind mit zunächst klar erkennbarer Struktur braucht, um dann damit zu beginnen, alles zu verfremden.

Interessanter als der Hintergrund sind deshalb die Abenteuer des jungen Mädchens, das selbst nicht gerade sanft und vorsichtig ist, sondern genauso metzelt wie ihre Feinde, weil sie weiß, dass sie nicht anders überleben kann.

Sie ist die Heldin in einer grausamen Welt, in der die Starken versuchen ihr Bild durchzusetzen und doch bereits ein Konstrukt aufgebaut haben, das von innen her verrottet. Die Familiengeschichte der jungen Hauptperson ist eng damit verbunden und erlaubt daher, Einiges an Drama zu entfesseln.

Die Story wird in albtraumhafte Bilder gekleidet, die manchmal Wirklichkeit und Metaebene wie in den alten französischen Klassikern ineinander fließen lassen. Wer diese Geschichten mochte wird daher auch an dieser Saga seine Freude haben, die sich genug Zeit nimmt, die Handlung und das Szenario aufzubauen und auch im künstlerischen Bereich eine Hommage an Moebius und Co. ist.

Der Hintergrund bildet übrigens keine klar erkennbaren Orte ab, man bewegt sich ganz und gar durch eine bereits neu geformte Welt

„Little Bird“ 1, „Der Kampf um Elders Hope“, punktet durch eine interessante Erzählweise, die zwar ein bekanntes Szenario und einen nicht gerade seltenen Grundplot benutzt, beides aber interessant zu variieren weiß und sich dabei auch gleich noch vor den großen, klassischen SF-Epen aus frankobelgischer Feder und vor Künstlern wie Moebius verneigt. Es scheint, als würde die Zeit dieser besonderen Epen jetzt zurückkommen.