Andrew Hunter Murray: The Last Day (Buch)

Andrew Hunter Murray
The Last Day
(The Last Day, 2020)
Übersetzung: Michaela Link
Piper, 2020, Paperback, 446 Seiten, 17 EUR, ISBN 978-3-492-70584-4 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Christel Scheja

Andrew Murray lebt in London und arbeitet seit zehn Jahren für die BBC. Er betreut die Quizsendung „Q1“ und moderiert den dazugehörigen Podcast. Mit „The Last Day“ betritt er Neuland, denn das ist sein erster Roman.


Die Erde ist vor Jahrzehnten zum Stillstand gekommen, die Menschen mussten sich damit arrangieren, dass auf einer Seite der Welt ewige Dunkelheit herrscht, auf der anderen die Sonne gnadenlos brennt und langsam aber sicher das Land ausdörrt. Nur in der Zwielichtzone ist Leben möglich, so etwa auf den Britischen Inseln und in Teilen Nordeuropas.

Die Wissenschaftlerin Ellen Hopper ist bereits in dieser veränderten Umgebung aufgewachsen und kennt nichts anderes. Auch das despotische Regime nimmt sie hin, bis zu dem Tag an dem sie von ihrem sterbenden Mentor ein Geheimnis anvertraut bekommt, das sie von nun nicht mehr in Ruhe lässt und damit in tödliche Gefahr bringt, denn die schreckliche Wahrheit ist nichts, was die Regierung an die Öffentlichkeit gebracht sehen will.


Eines ist neu: Der Grund für die Endzeit ist diesmal keine von Menschen gemachte Katastrophe, sondern die Natur selbst. Der Autor spart sich allerdings wissenschaftliche Erklärungen für den Grund, warum die Erde sich nicht mehr dreht. Vermutlich hofft er, dass die Leser, die sich dafür interessieren, die einschlägigen Dokumentationen gesehen haben, die dieser Sache nachgehen.

Tatsache ist: Die globale Kommunikation ist zusammengebrochen, ebenso wie die menschliche Zivilisation. Als einer der wenigen Gewinner ist England aus der Sache hervorgegangen, aber es bezahlt auch einen hohen Preis, denn zusammengehalten wird das Land in einer Diktatur, einem Überwachungsstaat, der nur zwei Wege kennt, um mit zivilem Ungehorsam zurecht zu kommen: Deportation in eines der Arbeitslager oder sofortige Hinrichtung.

Und das schafft natürlich eine Atmosphäre der Angst und die nötige Spannung, um die Heldin bei ihrer Suche nach der ganzen Wahrheit in Aktion zu halten und immer wieder entsprechende Szenen einzubringen.

Der Autor legt dabei sehr viel Wert auf menschliche Interaktionen, zeigt, dass Widerstand durchaus existiert und Menschen immer Wege finden, sich durchzumauscheln. Allerdings zieht er das Ganze ziemlich in die Länge, so dass die Geschichte gerade im Mittelteil Längen hat, weil nicht wirklich viel passiert. Erfahrene Leser werden auch viele bekannte Versatzstücke wiedererkennen, die man auch in jedem Thriller findet.

Die phantastischen Elemente der Geschichte bleiben blass und schwammig, nicht einmal das Regime bekommt gegenüber den persönlichen Problemen der Heldin, die noch mit mehr als dem Geheimnis zurechtkommen muss, genug Raum um Kraft.

Letztendlich verlagert „The Last Day“ die Mechanismen eines Polit- und Wissenschaftsthrillers in eine dystopische Zukunft, ist dabei aber weder Fleisch noch Fisch, da er sich wichtige Erklärungen spart und gelegentlich zu sehr auf die persönlichen Befindlichkeiten der Heldin setzt, anstatt das Geheimnis in den Mittelpunkt zu stellen.