Simon R. Green: Ein Spiel aus Licht und Schatten (Buch)
- Details
- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Samstag, 18. September 2010 10:21
Simon R. Green
Ein Spiel von Licht und Schatten
Geschichten aus der Nightside 2
(Agents of Light and Darkness)
Aus dem Englischen übersetzt von Oliver Hofmann
Titelillustration von Oliver Graute
Feder & Schwert, 2007, Taschenbuch, 202 Seiten, 10,95 EUR, ISBN 978-3-86762-004-8
Carsten Kuhr
Es war ein guter Tag zum Sterben – für jemand anderen (S. 55). Doch wenn ich nicht gut aufpassen würde, dann könnte es mich dieses Mal wirklich auch selbst erwischen. Gestatten, dass ich mich vorstellen – John Taylor, von Beruf Privatdetektiv, in Nightside geboren und aufgewachsen und immer noch am Leben – das sollte Ihnen bereits einiges sagen.
Nightside, ein Teil Londons, den offiziell niemand kennt. Ein Stadtviertel, in dem es immer 3 Uhr morgens ist, in denen Götter, Killer und sonstiges Höllengezücht lebt, liebt und tötet. Man kann sich meine Dienste sichern, indem man, wie das Geschäftsleben so üblich ist, einen Vertrag mit mir abschließt. Ich habe noch nie einem Auftraggeber im Stich gelassen, und ich finde Dinge, auch wenn sie nicht gefunden werden wollen – immer! Dieses Mal hat mich Jude, ein Abgesandter des Vatikans, in seine Dienste genommen. Ich soll einen verschollenen Becher finden – nein, falsch gedacht, nicht den Heiligen Gral, sondern dessen dunkles Gegenstück, den unheiligen Gral, aus dem Judas Ischariot getrunken hat. Anscheinend ist das seit Jahrhunderten verschollene Trinkgefäß in er Nightside aufgetaucht, und nun machen sich Interessenten aus allen Gegenden auf, das Teil zu suchen. Interessenten mit Flügeln – Sie verstehen schon, was ich meine Engel, sowohl von unten wie von oben – und die Streiter Gottes respektive dessen Widerparts sind nicht unbedingt zart besaitet. Die Nightside droht unterzugehen, ganze Straßenzüge sind schon vernichtet, und die Geflügelten sind mir und Suzie Shooter dicht auf den Fersen – aber noch ist nicht aller Tage Abend, und ich habe noch ein paar Tricks im Ärmel ...
Vorhang auf zum zweiten Band der Green’schen Reihe um die Nightside. Wie im ersten Band erwartet den Leser auch dieses Mal ein abgedrehtes Konglomerat aus Action, Spannung und aberwitzigen Figuren. Voller Tempo mit viel Sprachwitz und gar merkwürdigen Gestalten zieht der Plot den Leser schnell in seinen Bann. Man meint unwillkürlich, die Handlung gleich einem Film vor seinen Augen ablaufen zu sehen. Die ganze Anlage ist sehr cinemasque mit vielen farbenprächtigen Kulissen, grellen Lichtern und jeder Menge Spezialeffekte. Dabei ist der Tonfall des Ich-Erzählers erneut respektlos-zynisch, die Dialoge rasant und die Szenen voller Situationskomik. Ein greller Höhepunkt jagt den nächsten, das alles nicht ganz bierernst sondern voll versteckter Anspielungen auf Kultfilme, unsere Gesellschaft und die Religion. Man kann die Seiten kaum schnell genug umblättern, und zu erfahren, wie es wohl weitergehen wird. Cliffhanger reiht sich an Cliffhanger, mit jeder Einzelheit, die wir aus dem Leben der Gestalten erfahren, werden diese noch interessanter und die Weltenschöpfung vielfältiger.
Das ist Unterhaltung pur, dazu innovativ und voller persiflierter Versatzstücke gängiger Figuren, ist ebenso lustig wie spannend und macht die Lektüre zum Selbstläufer.