Darren Shan: Das Schicksal der Vampire – Mitternachtszirkus 4 (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Samstag, 11. September 2010 13:31
Darren Shan
Das Schicksal der Vampire
Mitternachtszirkus 4
(Lake of Souls, Lord of the Shadows, Sons of Destiny)
Aus dem irischen Englisch übersetzt von Gerald Jung, Katharina Orgaß und Sabine Reinhardus
Titelillustration von Mike Kemp
Knaur, 2010, Taschenbuch, 540 Seiten, 9,99 EUR, ISBN 978-3-426-28338-7
Carsten Kuhr
Zu Beginn der Reihe vor ein paar Jahren hatte man bei Droemer-Knaur in Erwartung eines entsprechenden kommerziellen Erfolges noch einen eigenen Verlag für die „Darren Shan“-Romane gegründet. Im „Verlag der Vampire“ wurden die Romane um den jungen Vampir als gebundene Bücher aufgelegt, die broschierten Ausgaben folgten dann später im Knaur Taschenbuch Verlag. Nach acht Ausgaben im Hardcover wechselt die Saga ganz ins Taschenbuch.
Zum Inhalt. Nach dem Tod seines Mentors Mr. Crespley und der Erkenntnis, dass sein einstmals bester Freund Steve der große mysteriöse Gegenspieler der Vampire ist, verfällt Darren Shan in Trübsal. Er weiß, dass er gegen seinen einstigen Freund, der jetzt der Anführer der grausamen Vampyre ist, eines Tages antreten muss, und nur dessen Tod seine Sippe vor der Vernichtung bewahren kann. Doch hat sein Dasein überhaupt noch einen Sinn? Erst als sein Begleiter, der kleine Kerl Harkat Mulis aufbricht, um seine Herkunft zu erforschen, kommt Darren wieder zu sich. Die Beiden werden von dem undurchsichtigen Meister Schick auf eine andere von Drachen bewohnte Welt versetzt. Hier gilt es mannigfaltige Gefahren zu bestehen und Rätsel zu lösen, ehe das Geheimnis endlich gelöst wird, wer Harkan in seinem ersten Leben auf der Erde wirklich war.
Vampirfürst Darren Shan kehrt in seine Heimatstadt zurück. Was eigentlich eine Gelegenheit wäre, alte Bekanntschaften aufzufrischen, seine Familie zu besuchen und es sich gutgehen zu lassen, das ist bei Darren alles ein wenig anders. Als Halb-Vampir ist er die letzten Jahre über nur sehr langsam gealtert. Hinzu kommt, dass er damals seinen Eltern und der Welt seinen Tod vortäuschte. Und jetzt wartet der Lord der Vampyre – sein alter Freund Steve auf ihn – zum letzten Kampf um die Herrschaft der Bluttrinker und das Schicksal der Welt. Dabei geht Steve nicht eben Gentlemanlike vor. So hat er vor ein paar Jahren absichtlich Darrens Schwester geschwängert und sie danach mit dem Kind sitzenlassen. Nun hat er sich des Jungens wieder erinnert und diesen beeinflusst, gegen Darren tätig zu werden. Wie nur kann sich Darren aus dem Konflikt winden, gegen seinen eigenen Neffen kämpfen zu müssen?
Im großen Finale tritt Steve Leopard, der Anführer der Vampyre, der kaum mehr menschliche Regungen offenbart, zum letzten, alles entscheidenden Kampf gegen Darren Shan an, ein Kampf, den nur einer überleben kann und soll, so der Plan des undurchsichtigen Meisters Schick, der durch die Zeit reist, um seine Vorstellung von einer düsteren Zukunft zu gestalten. Es fließt viel Blut, vertraute und beliebte Personen müssen sterben, Geheimnisse werden gelüftet, ehe der ungleiche Zweikampf beginnt. Dass Darren Shan geschwächt ist, seine endgültige Verwandlung zum Vampir steht bevor, erhöht seine Chancen nicht eben. Und inzwischen weiß er, dass es für ihn, wie der Kampf auch ausgeht, kein Happy End geben wird. Entweder wird er sterben oder seine Menschlichkeit einbüßen und zum despotischen, die Menschheit versklavenden Herrn der Schatten werden. Doch noch hat Meister Schick nicht gewonnen, noch hat Darren ein As im Ärmel ….
„Darren Shan“-Romane haben nie den wirtschaftlichen Erfolg Harry Potters und Co erreichen können. Dies hängt sicherlich damit zusammen, dass die Leser es nicht mit einem süßen Jungen zu tun haben, der Geheimnisse in einem manchmal steril wirkenden Internat aufdeckt und mit Hilfe sympathischer Freunde triumphiert. Darren Shan ist ein Protagonist, der dunkler, der realistischer daherkommt. Er hat Angst, er leidet und trauert und er hasst. Seine Welt ist nicht auf die relativ sicheren Mauern eines Internats beschränkt, sondern umfasst unsere chaotische Welt mitsamt deren Geheimnissen, ihren Verbrechern, den Vampiren und Vampyren und den willfähigen Menschen, die sich insbesondere letzteren angeschlossen haben. So macht der Leser die Bekanntschaft mit Verzweifelten, mit armen und geschundenen Geschöpfen. Das lässt wenig Platz für glorreiche Triumphe oder für medienwirksame Auszeichnungen. Hier muss man sich damit begnügen, wenn unser Held die gefahrvollen Begebenheiten überlebt.
Dennoch, oder vielleicht auch gerade deswegen, lesen sich die Abenteuer des Fürsten der Vampire sehr kurzweilig. Jedes Kapitel endet mit einem Cliffhanger, so dass sich der Plot rasant liest. Erfreulich auch, dass es der Autor versteht, sich kurz zu fassen. Beschränkt auf das Wesentliche seiner Geschichte sind die Bücher wohltuend dünn, lassen sich genüsslich an einem Abend „durchschmökern“.
Das ohnehin schon rasante Tempo der „Darren Shan“-Romane zieht nochmals an. Ich konnte gut die Sentimentalität nachvollziehen, die Darren überkommt, als er nach Hause zurückkehrt. Was gäbe er nicht dafür, wenn er die Zeit zurückdrehen könnte, und wieder der unbedarfte, unschuldige Junge wäre, wie vor gut 10 Jahren. Doch er ist in den Jahren gereift, hat gute und schlechte Taten begangen, und stellt sich nun seinem Schicksal den Krieg der Sippen zu entscheiden.
Der irische Autor Darren O´Shaughnessy hatte ursprünglich eigentlich vor, rund 18 Romane um seinen Protagonisten zu verfassen. Wie er auf seiner Webseite erzählt, hat sich die Handlung aber so verselbstständigt, dass er von dieser förmlich gezwungen wurde, die Geschichte abzuschließen.
Die Bücher sind eindeutig für eine jugendliche Zielgruppe verfasst worden. Die Zuordnung der Personen in Gut und Böse ist eindeutig, erst zum Finale hin kommen zaghaft Zwischentöne zum Tragen. Der Autor spielt dabei virtuos mit allem, was Kinder und Jugendliche fasziniert. Nicht nur die einander bekämpfenden Vampirsippen, auch eine Freak-Show, ein Zirkus der Absonderlichkeiten, kommt vor, phantastische Gegenden werden besucht und geheimnisvolle Gestalten nehmen einen wichtigen Platz in der Geschichte ein. In der geschickten Mischung all dieser Elemente mit einem jugendlichen Protagonisten liegt denn auch die Faszination der Romane begründet. Ohne dem Subgenre der Nosferatu etwas wirklich Neues hinzuzufügen hat Shan einen erfolgreiche Serienkosmos geschaffen, der zu unterhalten weiß.
Für eine Serie, die ganz für ein jugendliches Publikum verfasst wurde und entsprechend geradlinige, eindeutig besetzte Personen offeriert, ist der Ausklang ungewöhnlich erstaunlich tiefschürfend. Es geht plötzlich um die Verantwortung des Einzelnen für die Gemeinschaft, um Leben nach dem Tod, um Selbstbestimmung des Schicksals. Bei aller gebotenen Action und überraschenden Wendungen wirkt dieser Schluss rund und verleiht der Serie eine zusätzliche Tiefe, die ihr gut tut.