Hermann Ritter & Michael Scheuch (Hrsg.): Magira – Jahrbuch zur Fantasy 2010 (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Samstag, 11. September 2010 13:28
Hermann Ritter & Michael Scheuch (Hrsg.)
Magira – Jahrbuch zur Fantasy 2010
Titelbild und Rückseite von Anne Pogoda
Innenillustrationen von Anne Pogoda, Christian Günther und anderen
Fantasy Club e.V., 2010, Paperback, 500 Seiten, 15,90 EUR, ISBN 978-3-935913-10-2
Christel Scheja
Man mag es kaum glauben, aber in diesem Jahr feiert „Magira – Jahrbuch zur Fantasy“ seinen zehnten Geburtstag mit der entsprechenden Ausgabe. Seit 2001 versammeln Herman Ritter und Michael Scheuch viele interessante Artikel, Berichte, Kurzgeschichten und Rezensionen in dieser Chronik und versuchen dabei nicht nur Trends und Strömungen einzufangen, sondern auch an die Klassiker zu erinnern, die in Vergessenheit zu geraten drohen. Einige der Mitarbeiter sind von Anfang an dabei, andere wieder erst später dazu gestoßen und manche neu dabei. Das gewährleistet eine bunte Mischung aus sehr unterschiedlichen Texten. Zum Jubiläum hat man sich aber auch etwas Besonderes gegönnt. Alle Illustrationen von Anne Pogoda und Christian Günther sind in Farbe abgedruckt.
Der Schwerpunkt der zehnten Ausgabe liegt wie immer auf der Literatur. Neben den großen Reziblöcken, die nach deutschen und internationalen Autoren, nach englischsprachigen Ausgaben und Hörbüchern getrennt sind, gibt es auch speziellere Reihen- und Autorenvorstellungen. So hat Maren Bonacker Paul Steward und Chris Riddell interviewet, die Schöpfer der „Klippenland“-Chroniken, Volkmar Kuhnle mit Ju Honisch gesprochen, die mit der „Salzträume“-Duologie die Abenteuer ihrer Helden aus der österreichischen K&K-Monarchie fortführt Kirsten Scholz stellt Naomi Noviks „Die Feuerreiter seiner Majestät“ vor, Erik Schreiber erinnert daran, dass Jim Knopf dieses Jahr fünfzig wird und die Autoren Fritz Leiber und Susan Cooper werden aus der Vergessenheit gerufen.
„Stromern auf ungetrampelten Pfaden“ von molosowsky macht deutlich, dass sich Fantasy und Literatur nicht ausschließen müssen. Ausgewählte Beispiele aus den letzten hundertundfünfzig Jahren beweisen, dass es immer Autoren gegeben hat, die phantastische Hintergründe und Figuren verwendet haben, um ihre Gedanken und Botschaften zu vermitteln oder mit Sprache und Form zu experimentieren – und auch heute noch gehen junge Schriftsteller diesen Weg. Thomas Gramlich setzt sich kritisch mit den neuen Umsetzungen von „Solomon Kane“ auseinander, während Brigitte Fielicke ihre Eindrücke einer Lesung von Markus Heitz schildert.
Allgemeine Berichte gibt es nur sehr wenige – zu erwähnen sei da einzig der Artikel von Kirstin Scholz, in dem sie „Slash“ – und die Faszination diesen zu schreiben – erklärt. Aber auch die Fantasy in Film und Fernsehen werden nicht vergessen. Man wirft einen Blick auf die beiden einzigen Fantasy-Serien auf dem Markt, die auch schon bei uns laufen: „Merlin“ und „Legend of the Seeker“. Ebenso zeigt Thomas Gramlich, wieviel Fantasy eigentlich in James Camerons „Avatar“ steht und welcher klassischen Tradition der phantastischen Genres der Film eigentlich folgt.
Eine bunte Mischung aus Kurzgeschichten rundet das Jahrbuch ab
Wie immer sind die Artikel sehr leidenschaftlich und ausführlich verfasst und bieten sehr viele Informationen zu Autor, Thema und Werk. Dabei werden durchaus auch kritische Töne angeschlagen. Das merkt man vor allem bei den Betrachtungen der Fernsehserien und der neuen Präsentation von „Solomon Kane“. Besonders gelungen ist der Artikel „Wie viel Fantasy steckt im »erfolgreichsten SF-Film aller Zeiten“, der nicht nur den Film analysiert, sondern auch gleich noch an das dahinter stehende Genre erinnert und einige inzwischen fast vergessene Beispiele nennt. So ist „Avatar“ waschechte Science Fantasy, die heute zwar in Filmen gerne benutzt wird, aber in Romanform eher ein Schattendasein fristet. Provokativ und frech ist „Stromern auf ungetrampelten Pfaden“, aber auch sehr unterhaltsam geschrieben, während „Slash“ vor allem auf persönlichen Erfahrungen fußt. Allein die Rezensionen aus den Rezensionsblöcken sind sehr uneinheitlich und sagen manchmal nicht viel über das Buch selbst aus.
Bei den sieben Kurzgeschichten lässt sich vor allem „Aelfric und Aellinor“ von Manfred Lafrenz hervorheben, seine sehr dichte und intensive, aber nichtsdestoweniger düstere epische Erzählung, um Liebe, dunklen Zauber und bitteren Verlust. Ansonsten decken die Geschichten auch ein sehr breites Spektrum ab, humorvoll bis zynisch in „Cantiones Quijote“ oder „Evolution“ oder dramatisch-episch in „Arael – Das Ende der Lichtwelt“.
Auch diesmal ist den Herausgebern wieder eine gute Mischung gelungen, die nicht nur Neueinsteiger sondern auch altgediente Fans anspricht. Die Artikel sind gut recherchiert, informativ aber trotzdem unterhaltsam und kurzweilig geschrieben. So kann man „Magira – Das Jahrbuch zur Fantasy 2010“ nur wünschen, das es nicht das letzte Jahrbuch sein wird. Denn wer ein wenig über den Tellerrand blicken und neue Schätze oder Spielarten auf dem Büchermarkt entdecken will, findet in der Sammlung von Sachtexten viele interessante Anregungen. Die Herausgeber haben jedenfalls ihre Linie gefunden, die Reihe ihre Schwerpunkte, ohne dabei zu erstarren So bleibt zu hoffen, dass die Mitarbeiter weiterhin zahlreich und beigeistert dabei bleiben und noch viele interessante Artikel für die kommenden Ausgaben abliefern werden.