Jennifer Estep: Kill the Queen - Die Splitterkrone 1 (Buch)

Jennifer Estep
Kill the Queen
Die Splitterkrone 1
(Kill the Queen, 2018)
Übersetzung: Vanessa Lamatsch
Ivi, 2020, Paperback, 466 Seiten, 17,00 EUR, ISBN 978-3-492-70541-7 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Carsten Kuhr

Lady Everleigh, genannt Evie, hat es wahrlich nicht leicht. Zwar ist sie von adeligem Geblüt, ihre Cousine Vasilia ist immerhin die Kronprinzessin und sie lebt im Palast der Sieben Türme in Bellonas Hauptstadt Svalin, doch ansonsten hat ihr das Schicksal wahrlich gar übel mitgespielt.

Früh hat sie ihre Eltern verloren, ihre Magie-Gabe ist so gering und uninteressant, das sie statt als Meisterin nur als Murks unterwegs ist. Als Adelige Ende Zwanzig wird sie von missgünstigen Hofschranzen und der Königin zu all dem eingeteilt, was niemand machen will: mit Besuchern der Monarchin rohe Leber essen etwa, oder Kuchen für ganze Delegationen backen.

Dass sie aufgrund des Mangels an magischem Talent gelernt hat, Juwelen in Schmuckstücke einzupassen hat ihr zumindest die Möglichkeit eröffnet, ein wenig Geld zu verdienen - denn Kost und Logis am Hofs sind beileibe nicht umsonst.

Als ihre Cousine die Königin und deren gesamten Hofstaat meuchelt und sich zur despotischen Herrscherin aufschwingt, sollte eigentlich auch Evie dran glauben. Da kommt es gut, dass sie, die sonst nur über eine Gabe für einen sehr feinen Geruchssinn verfügt, noch ein geheim gehaltenes Talent besitzt - sie kann fremde Magie abwehren.

Evie flüchtet vom Hof und schließt sich, natürlich inkognito, einer umherziehenden Gladiatoren-Gruppe an. Hier findet sie neue Freunde, Verbündete - vielleicht gar ihre Liebe?

Und sie muss sich entscheiden: Will sie ein Leben auf der Flucht, oder versucht sie das Land und die Menschen vor einer despotischen Usurpatorin zu retten?


Wir kennen Jeniffer Estep von ihren diversen, bei Piper und seinem All-Age-Ableger Ivi erschienen Zyklen. Nun also entführt sie uns in eine neues Setting, in eine andere Fantasy-Welt und zu einer neuen Ich-Erzählerin.

Zunächst lässt Estep es geruhsam angehen. Die ersten gut einhundert Seiten nutzt die Autorin um uns ihre Welt, die Magie und die Figuren vorzustellen. Dabei setzt sie ähnlich wie in ihrer „Elemental Assassinen“-Reihe keine Jugendliche als Handlungsträgerin ein, sondern eine junge Frau Ende Zwanzig. Das ist gerade für ein All-Age-Buch ungewöhnlich, bietet der Autorin aber weit größere Möglichkeiten der Zeichnung ihrer Handlungsträgerin. Evie weiß, wie es im Leben zugeht, ist gezeichnet von ihren Verlusten, von den Ungerechtigkeiten, denen sie im Palast ausgesetzt ist und den Enttäuschungen, die sie zu einer integren Person voller Selbstironie haben reifen lassen. Das ist ein Charakter, in deren Haut wir gerne und mühelos schlüpfen und weit von den sonst üblichen entwicklungsfähigen und naiven jungen Damen in Gefühlsnöten entfernt.

Dazu gesellt sich eine so noch nicht gelesene magische Welt mit Murksen, Morphen, Blitzschleuderern und magisch aufladbare Juwelen.

Im Verlauf der Handlung lernen wir dann auch das Reich näher kennen, wobei der Fokus klar auf der Protagonistin sowie deren neuen Gefährten verbleibt. Letztere werden interessant und mysteriös geschildert, eine Love-Story mit dem Magier Lucas könnte sich hier im nächsten Teil noch entwickeln. Bislang aber konzentriert sich die Autorin darauf, uns ihre immer temporeichere Handlung anzubieten, uns für ihre Figuren, die recht eindeutig gezeichnet werden, einzunehmen und auf die Fortsetzung im zweiten Teil neugierig zu machen.

Der Text selbst liest sich angenehm flüssig, die Heldin erobert schnell die Sympathie der Rezipienten und wird im Verlauf der Geschehnisse immer aktiver und mutiger. Warten wir ab, was die Autorin in den beiden Folgebänden für uns in petto hat.