Birgitt Flögel: Sebastian und Philipp - Zwei ungleiche Freunde und ihre Abenteuer (Buch)

Birgitt Flögel
Sebastian und Philipp - Zwei ungleiche Freunde und ihre Abenteuer
Titelbild: Kathrin Schüler
Gerhard Hess Verlag, 2011, Taschenbuch, 192 Seiten, 8,95 EUR, ISBN 978-3-87336-382-3

Rezension von Irene Salzmann

Sebastian ist groß und kräftig für einen Schüler der 4. Klasse und darum der unumstrittene Anführer seiner Bande. Das ändert sich, als ein neuer Schüler namens Philipp hinzukommt, der sich nicht von der Bande schikanieren lässt und es sogar schafft, Sebastian zu Boden zu ringen. Statt jedoch das Kommando zu übernehmen, bietet Philipp Sebastian seine Freundschaft an und überzeugt ihn und die anderen Jungen, dass es doch viel schöner ist, wenn man jemandem helfen kann, statt ihn zu ärgern und einzuschüchtern.

Schon bald können sich die Freunde bewähren, denn ein Fahrraddieb muss überführt werden. Bei einer Schatzsuche bekommen sie es mit echten Räubern zu tun. Und dann gerät Philipp selbst unter Verdacht, Geld gestohlen zu haben.


Mit „Sebastian und Philipp“ hat die Autorin Birgitt Flügel „Zwei ungleiche Freunde und ihre Abenteuer“ in einem spannenden Kinderbuch in Szene gesetzt, das noch allerlei Geschichten mehr bietet.

Im Vordergrund stehen die Erlebnisse von den beiden Jungen und ihren Freunden, die eigentlich gar nicht so ungleich sind. Diesen Eindruck hat man lediglich zu Beginn, als die Bande schwächere Kinder triezt, denen keiner zu Hilfe kommt, um nicht als nächster an der Reihe zu sein. Sebastian ist zunächst direkt und will immer gleich losstürmen, während Philipp überlegt handelt, doch Sebastian lernt dazu, und auch die anderen benehmen sich ordentlich, nachdem der Gruppenzwang, fies zu sein, weg ist.

Als die Schüler anfangen, kleine mehr oder minder gefährliche Fälle zu lösen, gewinnen sie deutlich Sympathiepunkte. Auch stößt mit Anna ein Quotenmädchen zu der geläuterten Bande. Schade, dass die - aktive! - Beteiligung von Mädchen in Jungen- und Abenteuerbüchern immer noch keine Selbstverständlichkeit zu sein scheint und sie nach wie vor hauptsächlich als Alibi beziehungsweise Identifikationsfigur fungieren, damit das Buch auch Leserinnen angeboten werden kann.

Auf einer zweiten Ebene laufen die Messages: Quäle niemanden, helfe anderen, grenze keinen aus, der neu/anders ist, mache dir Freunde, wo du sie nicht erwartest, vertraue und stehe zu deinen Freunden, selbst wenn du Anlass zum Zweifeln hast.

Allerdings haben diese gutgemeinten Ratschläge auch ihre Haken und Ösen, weil sich in der Realität das Mobbing-Opfer selten so gut wie Philipp wehren kann und vergleichbare Abenteuer selten in ein Happy End münden. Beispielsweise nimmt Philipp die Schuld eines anderen auf sich, damit dieser nicht noch mehr Schwierigkeiten bekommt. Das mag zwar nobel sein, bringt ihm jedoch viel Ärger ein, der gewiss vermieden worden wäre, wenn er einen Erwachsenen ins Vertrauen gezogen hätte. Zwar soll dadurch auch gezeigt werden, dass es wenige echte und zahlreiche Schönwetter-Freund gibt, doch wieviel Lebenserfahrung haben Zehnjährige schon, die außerdem von ihren Eltern unter Druck gesetzt werden?

„Sebastian und Philipp - Zwei ungleiche Freunde und ihre Abenteuer“ ist ein Buch, das sich an traditionellen Werten orientiert und auch so geschrieben ist, als stamme es aus einer früheren Zeit, in der es noch überwiegend intakte Familien gab, Mädchen und Jungen einander blöd fanden und sich dennoch zusammenrauften, wenn es notwendig war, und alles ein gutes Ende nahm. Wie in den Büchern, mit denen die Autorin zweifellos aufgewachsen ist und deren heiles Weltbild sie an junge Leser weitergeben möchte, damit sie noch möglichst lange Kind sein und Geborgenheit empfinden dürfen in einer Welt, die das aufgrund neuer Problematiken immer weniger zulässt.