André Wegmann: Dschinn (Buch)

André Wegmann
Dschinn
Redrum, 2019, Taschenbuch, 336 Seiten, 14,99 EUR, ISBN 978-3-95957-728-1 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Carsten Kuhr

Wie alle großen Dinge beginnt auch unsere Geschichte im Kleinen, im Normalen, ja Alltäglichen. Eine Familie macht Urlaub im Oman. Der pubertierende Sohnemann ist genervt, mit seinen alten Eltern noch in Urlaub zu müssen, geht daher mehr gezwungen als begeistert mit auf die Besichtigung des Souks. Aus lauter Frust und Langeweile kauft er bei einem der armen Nomaden ein uraltes Röhrenradio - nicht ahnend, dass er damit etwas in Bewegung setzt: ein Tor öffnet, das besser für alle Zeiten geschlossen geblieben wäre.

Zurückgekehrt macht sich der Junge daran, zunächst seine gesamte Familie, dann sich selbst bestialisch umzubringen. Doch das Grauen hört damit nicht auf. Weitere, ebenso irrsinnige wie sinnlose, aber immer brutale Morde werden begangen, der Täter richtet sich jeweils selbst.

Ein Privatdetektiv, der lange vom Glauben abgefallen ist, und eine katholische Nonne machen sich gemeinsam daran, die Verbrechen aufzuklären.

Schon bald wird durch die am Tatort hinterlassenen Schriftzeichen deutlich, dass etwas Böses, etwas Bestialisches hinter den Vorgängen steckt - der Koran kennt die gefallenen Engel, die in der Bibel als Seraphim bezeichnet werden unter einem anderen Namen: Dschinn - und diese Wesen sind, einmal geweckt und Zutritt zu unserer Welt verschafft, kaum zu stoppen…


André Wegmann hat bei Redrum vor diesem Roman bereits vier Titel publiziert. Mit vorliegendem Band legt er einen Horror-Plot vor, der mir ein wenig uneinheitlich vorkommt.

Neben sehr gelungenen Aspekten und Beschreibungen - etwa die jugendlichen Urban Explorers, die die ehemaligen Gänge eines Konzentrationslagers erforschen - erwarten uns gut geschriebene Horror-Szenen insbesondere der Gewaltakte kombiniert mit leider weitgehend überflüssigen pornographischen Beschreibungen der Akte der Figuren.

Nicht, dass ich etwas gegen Sex und dessen Darstellung hätte, aber der Roman ist kein Extrem-Horror-Titel, und die Szenen hängen zumeist ein wenig überflüssig in der Luft.

Neben einigen wenigen sprachlichen Holprigkeiten fiel mir auf, dass Wegmann immer dann richtig gut wird, wenn er seine zwei Hauptfiguren - hier den unter Aggressionen leidenden Detektiv, da die Nonne - zeichnet und wenn er die behutsam um diese Figuren herum aufgeworfenen Geheimnisse lüftet. Die Darstellung der unheimlichen Ereignisse ist plakativ, aber gerade dadurch packt es den Leser und zieht ihn oder sie in die Geschichte.

So hinterlässt der Band ein ambivalentes Gefühl: Zum einen gibt es gute, teils sehr gute Ansätze, gelungene Horror-Szenen und Grauen satt, dann wieder stören - mich zumindest - die unmotiviert eingestreuten Sex-Szenen.