Alisha Bionda (Hrsg.): Sherlock Holmes und der Satan von Norfolk - Baker Street Tales 1 (Buch)

Alisha Bionda (Hrsg.)
Sherlock Holmes und der Satan von Norfolk
Baker Street Tales 1
Titelbild und Innenillustrationen: Shikomo
Arunya, 2019, Hardcover, 264 Seiten, 14,90 EUR, ISBN 978-3-95810-033-6 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Elmar Huber

„Der reißerisch geschrieben Artikel handelte von dem Großgrundbesitzer Sir Horatio Bennett, der auf seinem Landsitz bei Cromer, einem Küstenstädtchen in der Grafschaft Norfolk, tot aufgefunden worden war. Die fixe Idee, dass der Teufel seine Klauen im Spiel haben könnte, rührte von dem Umstand her, dass Bennett einen schrecklichen Todeskampf durchgemacht hatte, infolgedessen er Hand an sich legte und sich selbst erwürgte.“ (Florian Hilleberg: „Sherlock Holmes und der Satan von Norfolk“)

J. J. Preyer: „Sherlock Holmes und das Phantom von Charing Cross“.
Baron Adelbert von Gruner will sich für die Schmach rächen, die ihm Holmes, Watson und Kitty Winter drei Jahre zuvor zugefügt haben (siehe Arthur Conan Doyle: „Der illustre Klient“).

Barbara Büchner: „Sherlock Holmes und der geheimnisvolle Mister Scrabb“.
Ein unheimliches Wesen schleicht um das verlassene und abgelegene Gebäude des ehemaligen Mädchen-Internats Glencreacht House. Der Hausverwalter, ein alter Kriegskamerad von John Watson, bittet den Doktor um seine Hilfe dabei, die merkwürdigen Ereignisse aufzuklären, die offenbar mit der unrühmlichen Vergangenheit des Gebäudes in Verbindung stehen.

Florian Hilleberg: „Sherlock Holmes und der Satan von Norfolk“.
London 1904: Die Stadt leidet unter einer drückenden Hitzewelle, so dass Sherlock Holmes eine Zeitungsmeldung aus dem Küstenstädtchen Cromer gerade recht kommt. Der Leibhaftige soll dort umgehen und den Großgrundbesitzer Horatio Bennett dazu verleitet haben, sich selbst zu erwürgen. Der Tatort war das von innen versperrte Schlafzimmer des Toten. Vor Ort, auf dem Anwesen der Bennets, erfahren Holmes und Watson, dass der Verblichene zwar nicht besonders beliebt war, weder ein angesehener Arbeitgeber noch ein guter Ehemann, doch auch äußerst misstrauisch, so dass jemand mit Mordabsichten es schwer gehabt hätte, sein Vorhaben umzusetzen. Als Holmes erfährt, dass Bennett mit seinem Jähzorn auch vor Tieren nicht Halt gemacht hat, beginnt sich für den Detektiv, ein Bild der Ereignisse zu formen.

Sophie Oliver: „Sherlock Holmes und das Geheimnis der Narrenkappe“.
Holmes‘ neuer Klient, Tobias Ervinson, sieht sein Leben bedroht, als er eine Narrenkappe mit einer toten Amsel auf seinem Kopfkissen findet. Der Detektiv zögert nicht, Ervinson auf sein Anwesen zu folgen. Doch je mehr Holmes erfährt, desto mehr bezweifelt er, dass sein Klient tatsächlich in Gefahr ist.

„Holmes wirkte auffallend desinteressiert, wie er so an der Mauer neben dem Portal lehnte, die Augen halb geschlossen, den Schirm des Deerstalkers tief ins Gesicht gezogen. Mich konnte er damit jedoch nicht täuschen. Mir war klar, dass er sich bereits jedes Detail der Fassade eingeprägt hatte und vermutlich längst wusste, wann dieses Gebäude errichtet worden war und wie viele Generationen in ihm gelebt hatten.“ (Florian Hilleberg: „Sherlock Holmes und der Satan von Norfolk“)


Für die bibliophilen Leser liegt mit „Sherlock Holmes und der Satan von Norfolk“ das erste (sehr handliche) Hardcover der „Baker Street Tales“ vor. Der Band enthält die ersten drei Folgen der eBook-Serie sowie, als Bonus und weiteren Kaufanreiz, eine neue Geschichte von Florian Hilleberg. Aus den verschiedenen Darstellungs- und Herangehensweisen ergibt sich für diese Sammlung eine feine Mischung.

J. J. Preyer und Barbara Büchner kann man getrost als „Holmes“-Profis bezeichnen, haben beide doch schon mehrere Kurzgeschichten und Romane um den Meisterdetektiv (erschienen im BLITZ-Verlag und im Fabylon Verlag) verfasst. Die bestehende Kanon-Story „Der illustre Kline“ liefert die Grundlage für Preyers Story, die drei Jahre später einsetzt und den Racheplan des damals überführen von Gruner zum Thema hat. Auf jeden Fall ein interessanter Aufhänger.
Barbara Büchner spielt in ihrem mysteriösen Setting mit dem Phantastischen, was auch Arthur Conan Doyle selbst mehr als einmal praktiziert hat, und geht damit in Richtung Grusel-Krimi. Sehr atmosphärisch, und wer dies zu schätzen weiß, ist hier goldrichtig.

Sophie Oliver und Florian Hilleberg pflegen beide den ‚klassischen‘ Aufbau zahlreicher Original-„Holmes“-Geschichten: Ein neuer Fall klopft an, es folgt ein Ausflug auf Land, das Kennenlernen der Beteiligten, parallel Holmes’ Befragungen und Ermittlungen, die dann zielgerichtet verschärft werden. Man bewegt sich in vertrauten Bahnen, doch das macht die Fälle noch lange nicht langweilig. Die Auflösung bleibt stets ungewiss.
In Sachen Stil nähert sich Sophie Oliver mehr den Kanon-Erzählungen an, Florian Hilleberg pflegt eine eher lässige, weniger getragene Ausdrucksweise.

Wie es sich mit dem Verfassen einer Sherlock-Holmes-Geschichte und deren Ausgang verhält, skizziert Florian Hilleberg in seinem kurzen Essay, „Zum Schreiben einer Sherlock-Holmes-Story“. Hier verrät der „John Sinclair“-Autor, dass schon Arthur Conan Doyle seine Detektiv-Erzählungen von hinten aufgezäumt, also den Fall von der Lösung ausgehend ‚zurückentwickelt‘ hat.

Zusätzlich sind in dem Buch noch die Cover und Innengrafiken aller Einzelerscheinungen in Farbe auf Glanzpapier (!) enthalten.

„Sherlock Holmes und der Satan von Norfolk“ ist eine dchöne Sammlung mit vier abwechslungsreichen „Sherlock Holmes“-Novellen in einem schmucken Hardcover-Band.