Corinne du Pré: Gehorche, Sklavin! (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Freitag, 27. September 2019 16:47
Corinne du Pré
Gehorche, Sklavin!
Blue Panther Books, 2019, Taschenbuch, 168 Seiten, 9,90 EUR, ISBN 978-3-86277-870-6 (auch als eBook erhältlich)
Rezension von Irene Salzmann
Unter dem Pseudonym Corinne du Pré sind von der Autorin bislang die Bücher „Verliebt, versohlt, versklavt“ und „Gehorche, Sklavin!“ bei Blue Panther Books erschienen. Die Titel geben zwar die Richtung vor, lassen aber die Inhalte doch etwas im Dunkeln.
In „Gehorche, Sklavin!“ gerät das 22jährige Au-Pair-Mädchen Kathrin in Marseille in die Fänge von Menschenhändlern und wird von Schleusern nach Mauretanien verschleppt, wo sie auf dem Anwesen von Lady Hunter lernen soll, perversen Arabern zu Diensten zu sein.
Trotz aller Kungeleien ihrer Herrin mit den Behörden und sonstigen Gefahren gelingt Kathrin die Flucht, während der Menschenhändlerring trotz ihrer Aussage nicht ausgehoben wird.
Weil Kathrin Ihre Erlebnisse wenig später publik macht, gerät sie an ein Ehepaar, das Freude an Dominanz-Spielen hat und die Sehnsüchte der jungen Frau erkennt. Schon bald wird sie an Sir Stephan vermittelt, der ihr sanft beibringt, was seinerzeit ein Araber Kathrin auf sehr brutale Weise lehren sollte. Die Abrichtung ist dennoch hart und demütigend, aber Kathrin verliebt sich in ihren Herrn.
Zunächst offeriert die Autorin keinen romantischen Märchenstoff aus den „Geschichten aus 1001 Nacht“, in denen ehrbare, glutäugige Prinzen und sonstige Helden die bedrohten Jungfrauen nach einem Gesinnungswandel retten, sondern konfrontiert das Publikum mit der grausamen Tradition des Menschenhandels, durch den seit Jahrhunderten weiße Frauen und Männer in die Gewalt vermögender Araber, Osmanen und Afrikaner gelangten - und immer noch gelangen. Tatsächlich bedienen Menschenhändler nicht nur anonyme Privatpersonen und Bordelle in Mittel- und Westeuropa.
Es grenzt an ein Wunder, dass sich Kathrin nach vorgeblichem Gehorsam ihrer strengen Herrin entziehen kann, bevor es zum Äußersten kommt. Sie flieht nach Deutschland, und anders als desertierte Fremdenlegionäre etc. wird sie nicht einmal verfolgt oder muss eine Entführung bei Nacht und Nebel befürchten. Die Regierungen der jeweiligen Länder sind zwar informiert über diese Verbrechen, unternehmen aber anscheinend sehr wenig, was im Buch durch die erfolglosen Ermittlungen nach Kathrins Anzeige zum Ausdruck gebracht wird.
Mit ihrer Geschichte geht sie schließlich an die Öffentlichkeit, wobei man nicht erfährt, welcher Mittel sie sich dabei bedient. Man liest lediglich, dass die Autorin und zeitweilige Erzählerin Corinne mit Kathrins Erlaubnis den Text nutzt, so die ‚Rahmenhandlung‘. Damit ist der kritische Ansatz abgehakt, und die Handlung wendet sich dem Vergnügen zu.
Von einer traumatisierten Frau wie Kathrin möchte man annehmen, dass sie nach ihren Erlebnissen dominanten Männern und Frauen mit Misstrauen begegnen und vor allem Gewalt ablehnen würde. Das Gegenteil ist der Fall (Stockholm-Syndrom?), denn in den Spielen mit erst dem Ehepaar und dann ihrem Herrn genießt sie es, sich zu unterwerfen und für (angebliche) Fehler bestraft zu werden, vor allem durch Spanking. Es kommen weitere Finessen hinzu, die nun nicht bloß arabische und afrikanische Männer erfreuen - und von denen man niemals gedacht hätte, dass sie einer Frau mit so furchtbaren Erfahrungen gefallen könnten.
An sich ist die Geschichte angenehm zu lesen, weil im Plauderton geschrieben. Man möchte das Buch in der Rezension spontan positiv bewerten, weil es keine wirklich schlimmen Szenen mit gravierenden Verletzungen oder gar Todesfällen gibt und alles Weitere einvernehmlich geschieht. Ein bisschen Spannung, BDSM und schließlich die große Liebe mit Happy End - was will man mehr?
Es sind jedoch die Verharmlosung des Menschenschmuggels, in dem dieser als Aufhänger für das Buch genutzt wird, und die erzwungenen erotischen Erfahrungen, die bald zum Auslöser für Unterwerfungsphantasien werden, die übel aufstoßen: Die naive Kathrin geht Verbrechern auf den Leim und wird als Sex-Sklavin nach Nordafrika geschleust, wobei sie Glück hat, dass sie nicht sofort hart ran genommen wird und vor dem Beginn ihrer ‚Erziehung‘ türmen kann. Danach findet sie als devote Masochistin die große Liebe beim „Popoklatschen“ und härteren Spielen. So nett, wie das Buch auch geschrieben sein mag, man nimmt es der Autorin einfach nicht ab, dass die Protagonistin ihre Erlebnisse so locker wegsteckt und sich wenig später genau dem aussetzt, dem sie zuvor entkommen konnte, selbst wenn der ausgewählte Herr kein grausamer Sadist ist.
Die Gewaltszenarien zu Beginn, denen eine zu wenig bekämpfte Verbrechensrealität zugrundeliegt, mit devoten und masochistischen Wünschen, die die Protagonistin bejaht, zu verknüpfen, hinterlässt letztendlich überwiegend negative Eindrücke: Statt zu verharmlosen und daraus romantisches Garn zu spinnen, wäre es besser - auch wenn das nicht dem romantisch-erotischen Anliegen des Buchs entspricht -, die potentiellen Opfer auf Gefahren zu sensibilisieren. Erotische Bücher können durchaus einen Aufklärungsauftrag haben und sollten dubiose Hintergründe beleuchten.
„Gehorche, Sklavin!“ ist in drei Abschnitte untergliedert, in denen die Hauptfigur mit unerwünschten Torturen konfrontiert wird, sich ihnen später freiwillig stellt und diese mit dem richtigen dominanten Herrn genießt.
Die Geschichte ist gut lesbar erzählt, aber die Verknüpfung von Straftaten mit abgesprochenen sexuellen Unterwerfungswünschen verharmlost Verbrechen und verwischt die Grenzen zwischen Gewollt und Erzwungen (Stichwort: Silvesternacht in Köln 2015/16). Da wünscht man sich von den Autoren von BDSM-Romanen einfach mehr Empathie.