Doris E. M. Bulenda: Lust im Reich der Schatten - Dämonen-Lady 1 (Buch)

Doris E. M. Bulenda
Lust im Reich der Schatten
Dämonen-Lady 1
DeBehr, 2016, Paperback, 424 Seiten, 14,95 EUR, ISBN 9783957532886 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Irene Salzmann

Eine Büroangestellte, die schon bald unter dem Namen „Lady Aziz“ für Furore in verschiedenen Welten sorgen wird, beschwört, aus Spaß und ohne wirklich an einen möglichen Erfolg zu glauben, den Dämon Aziz. Sein Verstand nistet sich in dem ihren ein und zwingt sie, sich einem ausschweifenden Leben hinzugeben. Nach und nach beginnt sie, Gefallen zu finden an aufreizenden Klamotten, Nächten in Bars und One Night Stands mit Männern und Frauen, aber auch am Kampfsporttraining, durch das sie lernt, Mistkerle auf Abstand zu halten. Aziz ist fast immer zugegen und genießt sowohl den Alkohol als auch den Sex.

Schließlich gelingt es der Dämonen-Lady, den Spieß umzudrehen und die Heimat ihres Besuchers in dessen Körper kennenzulernen. Sie hilft ihm sogar, einen fiesen Gegner einstweilen zu besiegen, der ihn schon lange verfolgte und selbst nach der Niederlage keine Ruhe geben will. Da Aziz nicht gerade der Hellste ist, tappt er wenig später prompt in eine Falle seines Feindes, was zur Folge hat, dass er sich in einem schwachen, menschlichen Körper zusammen mit seiner Lady auf einen sterbenden Planeten wiederfindet, ohne einen Plan zu haben, wie sie in eine ihnen bekannte Welt zurückgelangen können.

Besonders perfide ist, dass auf beiden Flüche lasten, die bewirken, dass Lady Aziz in der Gegenwart ihres Freundes vor Verlangen brennt, während ihn jeglicher Körperkontakt abstößt. Aber selbst wenn sich die beiden nicht gegenseitig umbringen und die Sonne erst in Jahrzehnten zur Supernova wird, müssen sie mit dem Wissen leben, dass der Gegner die Macht hat, jederzeit bei ihnen aufzutauchen, um sie zu erledigen.


Doris E. M. Bulenda hält sich nicht lange mit den bekannten W-Fragen und der Errichtung eines komplexen Hintergrundszenarios auf, sondern stößt ihre Protagonistin schnell und unkompliziert in ein erotischen Phantastik-Abenteuer: eine Beschwörung im Suff und rein zur Gaudi, schwupps, ist der Dämon da und fortan ihr kleiner Mann im Ohr beziehungsweise zweiter Verstand im Kopf. Weil er Spaß haben und herausfinden will, warum Sex für Menschen so wichtig ist, lässt er seine Pakt-Partnerin zum Vamp werden, der auf Männer-Fang geht. Anfangs wehrt sie sich dagegen, hat jedoch keine Chance, sich ihrem Quälgeist zu widersetzen und ihn loszuwerden, so dass sie sich seinen Plänen notgedrungen fügt und nach einer Weile sogar Vergnügen an den One Night Stands empfindet.

Auch wenn es in dem Buch hauptsächlich um Sex geht - der Titel „Lust im Reich der Schatten“ nimmt es vorweg -, die Art und Weise, wie die weibliche Hauptfigur vom grauen Mäuslein zur Femme fatale umgepolt wird, ist doch reichlich fragwürdig, weil Aziz Zwang ausübt, sich seine Lady gegen ihren Willen verändern und obendrein mit Personen einlassen muss, die sie nicht mag. Dass der Sex mit denen besser ist als mit sympathischeren Typen, die sich nicht selten auch noch als egoistische ‚Arschlöcher‘ und Nichtsnutze entpuppen - Aziz warnt, doch seine Freundin will es nicht glauben -, ändert nichts daran, dass durch dieses Vorgehen des Dämons impliziert wird, dass Frauen zu ihrem Glück gezwungen werden müssen/wollen. Obschon alles rein fiktiv und übertrieben dargestellt wird, kolportiert die Handlung die Message, dass Frauen „ja“ meinen, wenn sie „Nein“ sagen. Nicht gut! Auch nicht in einem Erotik-Roman!

Lady Aziz entwickelt sich aufgrund all dieser Erfahrungen von der verhärmten, einsamen Angestellten, die an ihr Dasein keine großen Ansprüche stellt, zu einer selbstbewussten Person, die ihren Spaß = Sex haben will und alles Mögliche mit wechselnden Partnern ausprobiert. Da Aziz kompatible Ersatzkörper hat, kann sie sich bald auch mit ihm lustvollen Spielen hingeben, was ihre Beziehung weiter festigt, neue Pakte inklusive. In dem Moment, der die beiden physisch zusammenbringt, entwickelt der Dämon einer mehr menschliche, zärtliche und verständnisvollere Persönlichkeit. Ihre Partnerschaft bleibt allerdings offen und erlaubt das Partizipieren von dämonischen Freunden.

So wechseln sich regelmäßig allerlei ‚weltlich-dämonische‘ Probleme mit erotischen Einlagen ab. Wenn man das Buch nicht gerade nur wegen der Sex-Szenen liest, findet man die Konflikte eigentlich viel interessanter, weil sie entweder sehr real beschrieben sind, wie selbst erlebt, oder unerwartet aus dem mehr oder minder heiteren Fantasy-Himmel fallen und durch einfache, aber selten vorhersehbare Aktionen gelöst werden. Und ist mal etwas nicht ganz ‚hundertpro‘ logisch, dann kommen die Regeln der Dämonenwelt und der Magie ins Spiel; anderenfalls wäre es zu simpel oder zu kompliziert.

Das Ganze hätte auch als phantastisch-humorigerer Abenteuer-Roman funktioniert mit dosierter Romantik oder Erotik. Letzteres ist leider bewusst hineingeschrieben worden - man hat fast den Eindruck, als wären die Seiten gezählt worden, bis es wieder an der Zeit ist für etwas Sex, damit die Konfliktlösung nicht zu schnell erfolgt beziehungsweise die Erotik-Fans nicht unnötig lange hingehalten werden. Diese Einlagen wirken meist recht hölzern, als habe die Autorin noch Hemmungen bei den Schilderungen gehabt, was zu einer standardisierten Wortwahl führte, etwas, das bei ihren späteren Büchern nicht mehr auffällt. In dieser Hinsicht hat eine deutliche Weiterentwicklung stattgefunden.

Die Autorin scheint ein Faible für Roadtrips zu haben, denn ihre menschlichen Heldinnen erkunden sehr oft unbekannte Phantasie-Gefilde. Hier verlagert sich die Handlung nach einer Weile weg vom ‚vertrauten Terrain der Bums-Lokale‘ in die verschiedenen Dämonenwelten und auf weit entfernte Planeten oder in andere Zeiten. Diese exotischen Orte werden erforscht, die Gefahren erkannt und mit Gegenmaßnahmen kleingehalten; darüberhinaus liefern sie die Kulisse für das lustvolle Beisammensein.

Die Charaktere erfüllen ihre Rollen. Demnach sind die Bösen böse und die netteren Dämonen nicht so übel wie ihr Ruf. Wie meist in den Geschichten von Doris E. M. Bulenda sind sie eher tollpatschig, langsam beim Denken, in Krisensituationen ängstlich, aber treue Freunde und gute Liebhaber. Für innovative Ideen, mutige Entscheidungen und das Anpacken ist stets die toughe Heldin zuständig.

Kennt man bereits einige Titel der Autorin, weiß man, was einen erwartet. Ihre Zielgruppe sind Frauen, die erotische Abenteuer vor dem Hintergrund der Worlds of Wonder lesen möchten, dabei eine Portion Humor vor allem die Umkehrung der Frau-Mann- und Gut-Böse-Klischees witzig finden.