Monsieur Mardi-Gras – Unter Knochen 1: Willkommen (Comic)

Monsieur Mardi-Gras – Unter Knochen 1
Willkommen
(Mr. Mardi-Gras Decendres 1: Bienvenue)
Autor & Zeichner: Éric Liberge
Übersetzung: Thomas Strauss
Lettering: Delia Wüllner-Schulz
Splitter, 2008, Hardcover, 64 Seiten, 13,80 EUR, ISBN 978-3-940864-31-4

Irene Salzmann

Der Kartograph Victor Tourterelle kommt ganz unspektakulär durch einen Sturz ums Leben. Danach findet er sich als Skelett in einer öden Wüste wieder. Ist das das Leben nach dem Tod? Das Paradies? Die Hölle? Einsam wandert er lange Zeit umher und vertreibt sich schließlich die Langeweile durch den Bau einer riesigen Sandburg.

Unverhofft überbringt ihm ein Postbote ein Einschreiben, aus dem hervorgeht, dass Victor einen neuen Namen hat: Mardi-Gras Aschermittwoch, weil dieser Tag sein Sterbedatum ist. Mit seinen Fragen und Beschwerden, so empfiehlt der Postbote dem Neuankömmling, solle er sich an die Zuständigen in der Stadt wenden. Diese erweist sich als die größere Version von Victors Sandburg – wie kann das möglich sein? In der Stadt verliert er den Postboten aus den Augen, bringt andere Tote und die Obrigkeit gegen sich auf, verliert seine Schädeldecke und seine Seele, aber Antworten hat er immer noch keine. Schließlich landet er im Gefängnis, aus dem er von zwei Vermummten geholt wird, die ihm einen Handel vorschlagen …

Éric Liberge lädt im Auftaktband „Willkommen“ der vierteiligen Serie „Monsieur Mardi-Gras Unter Knochen“ in einen verstörenden Albtraum ein: Der Titelheld ist tot und auf ein Skelett reduziert; einsam durchwandert er eine farblose Wüste unter einem schwarzen Himmel. Dabei wundert er sich, wo er gelandet ist, denn das Leben nach dem Tod hatte er sich anders vorgestellt. Die Situation eskaliert, als Victor Tourterelle in die Stadt gelangt und sich durch sein Verhalten ernste Probleme schafft. Er wird zum Opfer eines Systems, das man als Allegorie auf das wahre Leben betrachten kann, auf die Willkür und Trägheit von Bürokratie und Ordnungskräften, auf das Klammern an unwichtige Dinge und das ‚Recht‘ des Stärkeren.

Als Victor bereits jegliche Hoffnung verloren hat, treten die Repräsentanten einer Gruppe an ihn heran, die unzufrieden mit den bestehenden Zuständen sind und diese Welt zum Besseren verändern möchten. Obwohl es verboten ist, Gegenstände aus dem alten Leben zu besitzen und an bestimmten Dingen zu rühren, bekommt Victor eine Aufgabe, die ihn zweifellos in noch größere Gefahren stürzen wird, aber auch zu den Antworten führen kann, nach denen er und seine Retter suchen. Mit diesem Cliffhanger endet der erste Band.

Nicht nur die Handlung und die innewohnende Philosophie über Leben und Tod sind ungewöhnlich, auch die Zeichnungen fallen aus dem Rahmen. Das Album ist nahezu in Schwarz-Grau-Weiß-Nuancen gehalten. Für wenige farbliche Akzente sorgen Accessoires wie die braune Umhängetasche des Postboten, und die metallischen Ersatzteile, mit denen die Skelette verlorene Knochen ergänzen und durch die man sie voneinander unterscheiden kann. Diese eintönige Farbgebung unterstreicht die Trostlosigkeit jener bizarren Welt und die Hoffnungslosigkeit der Toten.

„Monsieur Mardi-Gras – Unter Knochen“ ist keine leichte Kost und wendet sich an ein reiferes Publikum, das zwischen den Zeilen lesen kann. Man sollte ein wenig in dem Album blättern, um zu sehen, ob das Thema und die Zeichnungen gefallen. Schätzt man ungewöhnliche Comics, wird man gewiss gern zugreifen und mit Spannung auf die drei übrigen Bände warten.