Matthias Oden: Metamorph (Buch)

Matthias Oden
Metamorph
Titelbild: Francois Launet
Atlantis, 2010, Paperback, 164 Seiten, 11,90 EUR, ISBN 978-3-941258-25-9
(auch als Hardcover erschienen, nur beim Verlag erhältlich, 14,90 EUR)

Armin Möhle

Mit „„Metamorph“ legt Matthias Oden eine Sammlung phantastischer Kurzgeschichten vor, die in fünf ‚Trilogien‘ unterteilt sind. Der Titel des Bandes ist Programm für die Stories: In jeder von ihnen findet eine Verwandlung statt, die sich von den anderen unterscheidet.

„Metamorph“ beginnt mit der „Trilogie der Töne“. In „Lass immer Töne um dich sein“ gerät der Protagonist in den Bann eines Schellenmännleins. „Das orange Orchester“ spielt nur für ein besonderes Publikum, wie der Protagonist herausfindet und genauso wie sein Vorgänger in der ersten Story dem fremden Einfluss unterliegt. „Das Schellenland“ sucht der Protagonist in seinen Drogentrips auf und findet eine bizarre Welt vor. Doch diesmal wird der Protagonist nicht in den Bann eines Schellenmännleins, eines orangen Orchesters o. a. gezogen, sondern deckt das Geheimnis des Schellenlandes auf. Der Autor versteht es, in der „Trilogie der Töne“ die Originalität seiner Plots stetig zu steigern.

„Zugfahrt“ ist die erste Kurzgeschichte in der „Trilogie der Reise“ und enttäuscht. Ein Zug, der nirgends hält, ist keine innovative Idee, und sein neuester Passagier, ein gewisser Klaus N., der nach F.-Stadt fahren will – nun ja … Die „Business Class“ transportiert einen besonderen Passagier, einen Killer, dessen Vorgänger und Nachfolger denselben Weg genommen haben beziehungsweise nehmen werden. „Emo-Boy“ ist nicht nur die beste Story in der „Trilogie der Reise“ sondern auch in „Metamorph“. Wieder entwirft der Autor eine bizarre Welt, deren Ideenreichtum den von „Das Schellenland“ übertrifft. Emotionen sind die wertvollsten Handelswaren in einer Welt der Zukunft, deren Menschen zu einem gewissen Teil offenbar künstlich hergestellt werden. Emo-Boy ist Produzent von Emotionen, nimmt einen Job an, der ihn über die Grenzen seiner Stadt hinaus in den Transknoten führt, der die Menschen mit sämtlichen Gütern versorgt, inklusive destillierter Emotionen.

Ab der „Trilogie des Fleisches“ beginnen die Storys in „Metamorph“ Züge des Horrors zu tragen. In „Biorama“ wird eine junge, schöne Frau in ein vermeintliches Kunstwerk verwandelt – oder gefoltert, verstümmelt und wieder zusammengesetzt. „Schweiß“ kommt ohne blutige Szenen aus. Ein dicker, transpirierender Angestellter verwandelt sich in jene Flüssigkeit und rächt sich an den Kolleginnen und Kollegen, die ihm übel mitgespielt haben. „Tumorfrucht“ ist auch nicht für Leser mit einem schwachen Nervenkostüm empfehlenswert: Ein Arzt zeugt mit einem Krebsgeschwür, das er einem Patienten entnahm, im Laufe der Handlung ein Kind (sic!). Die Erzählperspektive wird erfahrene Leser vielleicht nicht überraschen, ist aber konsequent. Der eine oder der andere Plot der Stories in der „Trilogie den Fleisches“ entpuppt sich also als zwiespältig.

„Die Trilogie des Leidens“ beginnt mit einer Blutsaugergeschichte: „Schwarzer Klee“. Die Pointe von „Eine Frage der Perspektive“ überrascht nicht. Der Protagonist tötete seine Frau, die sich in ein fremdes Wesen zu verwandeln schien. Von „Zimmertürerscheinungen“ wird der Protagonist in der dritten Story der „Trilogie des Leidens“ gequält. Warum nur der Protagonist davon heimgesucht wird, nicht aber andere Menschen, wird nicht klar, insbesondere wenn man den Sinn der „Zimmertürerscheinungen“ bedenkt.

In der „Trilogie des Endes“ werden nicht unerwarteter Weise Untergänge geschildert. „Der Bote in Gelb“ behauptet von sich, Einfluss auf den Niedergang von Staaten und Völkern zu haben, die bereits der Dekadenz anheim gefallen sind. „Die Gedankenrebellion“ löst einen Krieg aus, nämlich den der Gedanken gegen die Menschen. Der Grund für diesen Krieg bleibt unklar; immerhin hebt sich die Idee, dass „Die Gedankenrebellion“ zur Auslöschung der Menschheit führt, von Atomkriegen und ökologischen Katastrophen ab, ist aber natürlich nur in der Phantastik möglich. „Tote Träume“ ziehen eine Gruppe von Protagonisten in ihren Bann. Vom Plot her die einfachste Story in der „Trilogie des Endes“.

Von den Kurzgeschichten in „Metamorph“, einer Sammlung, enttäuschen nur wenige wegen der schwachen Plots, andere wiederum fordern wegen ihrer zwiespältigen Inhalte zur Ablehnung heraus. In den übrigen Stories bietet der Autor reizvolle, originelle Ideen an, die er adäquat umzusetzen weiß. Überbordende Beschreibungen, wie sie für die Phantastik und den Horror typisch sind, vermeidet er. Die Story „Emo-Boy“ würde auch in einer SF-Anthologie brillieren!