X-Men Gold 5 (Comic)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Mittwoch, 24. April 2019 20:56

Marc Guggenheim, Monty Nero, Leah Williams
X-Men Gold 5
(X-Men Gold Annual 1 (I+II), 21-25, 2018)
Übersetzung: Jürgen Petz
Titelbild: Mike Deodato Jr.
Zeichnungen: Diego Bernard, José Luis, Alitha E. Martinez u.a.
Panini, 2019, Paperback, 156 Seiten, 16,99 EUR, ISBN 978-3-7416-1169-8
Rezension von Irene Salzmann
Kitty Pryde, Rachel Grey (vormals Summers) und Kurt Wagner erhalten eine Einladung von Brian Braddock (Captain Britain) und Meggan, ihren Freunden und ehemaligen Kameraden von Excalibur, denn das Paar ist glücklich, Eltern einer Tochter, Maggie, geworden zu sein. Kaum sind die Gäste eingetroffen, wird die Gruppe auch schon angegriffen von jemandem, der Rache an Phoenix nehmen will, obgleich nicht Rachel (jetzt Prestige) sondern Jean unter dem Einfluss dieser Macht den Untergang einer bewohnten Welt verursacht hat. Maggie, die zwar nur wenige Wochen alt ist, aber bereits spricht und ihre Eltern intellektuell weit überflügelt hat, findet eine Lösung.
Ein junges Mädchen outet sich als Fan der X-Men, insbesondere von Storm. Zusammen mit ihrer Tante widerspricht sie vehement den Menschen, die Mutanten fürchten und hassen, weil sie erkannt hat, dass hier Helden am Werk sind, die trotz der Ablehnung, die sie erfahren, helfen wollen. Storm ist gerührt, und für das Kind erfüllt sich ein Traum.
Lydia Nance, die eine Kampagne gegen Mutanten leitet, wird von Mesmero und einigen anderen Schurken bedroht. Kitty Pryde greift mit ihrem Team ein, und gerät in eine Falle. Die Gruppe wird verhaftet und in ein Hochsicherheitsgefängnis gesperrt, wo Schurken, gegen die sie irgendwann einmal gekämpft haben, nur darauf warten, sich an ihren Gegnern zu rächen, die ihre Kräfte nicht einsetzen können. Natürlich trifft die Strafe der gar nicht neutralen Wärter jene, die sich bloß verteidigen.
Unterdessen bittet Rogue Iceman, die Leitung eines Ersatzteams zu übernehmen. Ihnen schließt sich der neue Pyro an, der Wiedergutmachung leisten möchte, weil er von Lydia Nance und Mesmero hereingelegt wurde, die dafür verantwortlich sind, dass die anderen X-Men eingesperrt wurden. Zwar schlägt Pyro Misstrauen entgegen, doch vor allem Rogue setzt sich in Hinblick auf ihre eigene Vergangenheit für ihn ein, und so begleitet er die Gruppe, als der rachsüchtige Gott Scythian beginnt, die Erde zu verwüsten, weil Kitty Prydes Team ihn in der Negativen Zone nach seiner Befreiung hatte unschädlich machen können - vorübergehend, wie man nun weiß.
Der vorliegende Band präsentiert im Rahmen des Annual zwei Sidestories, die wenig zur laufenden Handlung beitragen und für sich stehen.
Die eine ist eine Hommage an die Serie „Excalibur“ (1988 bis 1998, die späteren gleichnamigen Reihen nicht mitgezählt), für die das Cover sogar jenem nachempfunden wurde, mit dem der Titel damals startete und das von Alan Davis stammte, wie auch die Inhalte der meisten Hefte dieser faszinierenden Serie. Wer damals den „X-Men“-Spin-off las, liebte die elegant gezeichneten und strahlenden Charaktere, die sich vielen ausweglosen Situationen stellen mussten und stets mit viel Witz eine Lösung fanden. Im Annual kommt das damalige Kern-Team zusammen, erfährt vom Freud und (weniger) Leid der Elternschaft, wenn man ein Superbaby zur Welt gebracht hat. Natürlich muss ein Schurke das Idyll stören, der Rache an der falschen Person üben will. Die Illustrationen sind ansprechend - aber Alan Davis ist unerreicht.
Die andere greift ein aktuelles Thema auf: Was man nicht versteht und daher fürchtet, hasst man - die Grenzen sind fließend. Viele Menschen ängstigen sich, wenn sie Zeugen von Kämpfen werden, in denen Mutanten Superschurken unschädlich machen und der Justiz übergeben. Ihnen ist bewusst, dass sie selber machtlos, ja, chancenlos sind, sollten sie jemals zwischen diese antagonistischen Kräfte geraten. Übersehen wird, wie viele Leben die X-Men und andere retten oder wie dramatisch die Gefahren für die Bürger in die Höhe schnellen würden, gäbe es niemanden, der sich den Verbrechern in den Weg stellt.
Skrupellose Politiker (aktuell Lydia Nance) und die ihnen ergebenen Medien schüren die Sorgen durch einseitige beziehungsweise manipulative Berichterstattung (zum Beispiel der ‚Daily Bugle‘ - Spider-Man kann ein Lied davon singen). Was die fortwährend diffamierten Helden immer wieder aufrichtet, ist, dass es einzelne Personen gibt, die sich nicht täuschen lassen und dankbar dafür sind, dass die Mutanten ihr Leben einsetzen, um die Welt sicherer zu machen für alle, einschließlich derer, von denen sie gehasst werden.
In der fortlaufenden Handlung wird das X-Men-Team von Kitty Pryde kaltgestellt, so dass sich unter der Führung von Iceman eine neu zusammengestellte Gruppe der Bösewichter annimmt, welche die Menschen bedrohen. Dabei treffen sie auf einen Öko-Terrorristen, der bereits den Avengers viel Ärger bereitet hat und nur mit Hilfe von Cabel besiegt werden konnte. Leider funktioniert diese Waffe nicht mehr. Aber es kommt noch dicker, als der Gott Scythian aus seinem Gefängnis in der Negativen Zone ausbricht, um sich an jenen zu rächen, die seinen Vernichtungszug gestoppt haben. Kitty und ihre Kameraden, die dafür verantwortlich sind, sitzen jedoch im Gefängnis, und es muss schon einiges passieren, dass man die Gruppe unwillig ziehen lässt, damit die Gefahr gebannt werden kann.
Die Story verteilt sich auf unterschiedliche Locations und Akteure. Während im Gefängnis Kitty und ihre Freunde sich ihrer Feinde erwehren müssen, während die Wächter vorzugsweise wegsehen und diejenigen sanktionieren, die sich lediglich verteidigt haben, versuchen die erfahreneren X-Men an der Schule, ein neues Team aufzubauen, das die so entstandene Lücke füllt. Einen Gegner können sie von seinem Plan vorübergehend abhalten, doch haben sie keinerlei Ahnung, wie sie einen wütenden, mörderischen Gott ausschalten sollen. Zum Glück kommt die ‚Kavallerie‘ noch rechtzeitig, und auch der neue Pyro gibt eine gute Figur ab, so dass man ihn gern als Bereicherung der X-Men behalten möchte - (vorübergehend) geläuterte Schurken (Rogue, Deadpool, Black Cat, Sandman, Diamondback, Songbird, Wild Child, Prowler und so weiter) übten schon immer einen besonderen Reiz aus.
Obschon sehr viele Zeichner an diesen Episoden beteiligt waren, sind die Illustrationen recht homogen. Man merkt vor allem an veränderten Frisuren und Kostümen (vor allem Rogue und Magik), dass es wieder einen Wechsel gegeben hat. Diese kleinen Fehler wurden früher dadurch vermieden, dass ein Künstler-Team einen Titel über einen längeren Zeitraum betreute. Mittlerweile ist es leider gang und gäbe, dass die ersten Bände von Star-Illustratoren (und -Autoren) begonnen werden, nach ihnen die zweite Liga einspringt und Newcomer sich an den letzten Seiten vor Einstellung der Serie versuchen dürfen. Für die Fans und Sammler ist das wenig erfreulich.
Was den Lesern der „X-Men“-Serien gefällt, ist der gelungene Mix aus einer amüsant-tragischen Beziehungs-Soap und spannender, knallharter Action. Dieses Erfolgsrezept, visualisiert von namhaften Illustratoren wie Jim Lee, Marc Silvestri, Alan Davis etc., zog die Fans (in den 80er und 90er Jahren) in den Bann. Inzwischen wird viel experimentiert mit ständig wechselnden Autoren und Zeichnern, fluktuierenden Team-Mitgliedschaften und Storys, die ihre Bodenständigkeit verloren haben. Die Abwechslung kann das Publikum bei der Stange halten, muss aber nicht.
Noch macht „X-Men: Gold“ Spaß, doch wünscht man sich auch eine gewisse Kontinuität, damit spannende Geschichten ein angemessenes Ende finden, die Konsequenzen daraus in weiteren Erzählungen berücksichtigt werden - und nicht plötzlich alles für etwas völlig Neues ausgelöscht wird, wie es zuletzt viel zu oft geschehen ist.
Zwar bietet der Band eine relativ durchgehende Handlung, doch Vorkenntnisse sind von Vorteil, und man sollte als Fan dabei bleiben, weil ein Cliffhanger, der für die X-Men nichts Gutes verheißt, den Schlusspunkt setzt.