André Skora (Hrsg.): Menschmaschinen (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Mittwoch, 24. April 2019 20:23

André Skora (Hrsg.)
Menschmaschinen
Eine Steamcyberpunk-Anthologie
Titelbild: Christian Günther
Amrûn, 2017, Taschenbuch, 210 Seiten, 11,90 EUR, ISBN 978-3-95869-292-3 (auch als eBook erhältlich)
Rezension von Carsten Kuhr
Es ist eine mehr als beklagenswerte Tatsache, dass sich trotz allem Enthusiasmus der Verfasser, Herausgeber und Verlage, Steampunk in Deutschland schlecht verkauft. Es gibt eine kleine, aktive Szene, die die Fahne hoch hält, allerdings rechnet sich die Publikation entsprechender Bücher für die großen Verlage nicht. Begonnene Reihen werden nicht fortgesetzt, neue Titel nicht eingekauft. Mit viel Herzblut stoßen hier die engagierten Kleinverlage in die Lücke.
Vorliegend präsentiert uns Amrûn eine Anthologie, in der die Verfasser uns von Mischwesen berichten. Menschen, die mit Maschinen verbunden wurden und auf diese Weise neue Fähigkeiten erhielten. Zehn Autoren haben ihre Ideen niedergelegt und uns von diesen Zwittern, Wesen, die nicht Menschen aber auch keine Maschinen sind, berichtet. Dabei kamen ganz unterschiedliche Schöpfungen heraus.
In der ersten Novelle, „Fitzroy, Falstaff und andere furiose Menschmaschinen“, etwas berichtet uns Thorsten Küper vom Rachefeldzug einer jungen Frau. Ihr Bruder verschwand spurlos, ihr Vater erlitt einen Schlaganfall, als ein skrupelloser Unternehmer die beiden Erfinder um ihre bahnbrechenden Neuentwicklungen brachte. Nun begibt sich die Dame in Begleitung eines mehr als umfangreichen Leibwächters an Bord des Raddampfers des Täters, um Rache zu nehmen.
Ulrike Junge erzählt uns in „Der Heizer“ von einem Mädchen aus begüterten Haus, das an Bord des Luftschiffes auf dem sie lebt auf einen Heizer trifft, in dessen Brust ein Uhrwerk schlägt. Als sie versehentlich auf der Erdoberfläche auf die armen Landbewohner stoßen, beschließt das Mädchen das sich etwas ändern muss im Geflecht zwischen Oben und Unten, zwischen arm und reich.
Eine Reportage des „Hamburger Hanseboten“ berichtet uns in „Der wilde Reiter“ von Marco Ansing davon, wie die Mechanauten die freie Hansestadt Hamburg überfallen und deren Honoratioren zu Geiseln nehmen wollten.
Nach dem großen Krieg erduldet das frank-germanische Reich die Nachwirkungen der Gas- und Vulkanbomben. Die Umwelt ist zerstört, die Tiere und Menschen mutiert. In Gloria H. Manderfelds „Ultramarinblau“ lernen wir einen Veteranen kennen, der als Wächter im Norm-Reservat, in dem die letzten nicht mutierten Menschen sicher untergebracht sind, angestellt ist und eine ganz besondere Vertrauensstellung zu einer der Norm-Menschen aufgebaut hat .
Mia Steingräber & Tobias Rafael Junge entführen uns in „Adam“ in die Welt von Eis & Dampf, in der wir einen ganz besonderen Bürgermeister kennenlernen, der eine, sagen wir es eigene Beziehung zu den Shellys hat.
Peer Bibers „Böse Träume“ entführt uns nach London. Ein Waisenhaus wurde zum Schauplatz eines Massenmords - die Spur führt den Inspektor des Yard zu einem alten Lagerhaus, wo er und seine Kollegen bereits erwartet werden.
Peter Hohmann stellt uns in „Rettung“ die Exos und deren Schöpfer vor - Wesen, die zunächst aus den Versehrten des großen Krieges, später von gekidnappten Menschen die mit maschinellen Teilen aufgepeppt wurden, künstlich geschaffen werden. Man verdient gut an den stummen, dummen Dienern, viel zu gut um sein Gewissen nicht abzulegen - bis die Rache einen erreicht.
Andreas Winterers „Der Fall Rohrschach“ ist eine wunderbar ideenreiche Horror-Story um die Verbindung eines der legendären verbotenen Bücher mit einer Maschine, die ihre Nutzer zu einer höheren Erkenntnisebene hebt.
Eva Strasser berichtet uns in „Rupert“ von einem Paar, das eine Neuentwicklung, einen vom Menschen äußerlich nicht zu unterscheidenden Roboter, bei sich aufnimmt. Mit der Zeit wird die Beziehung zwischen Sohn und Mutter immer enger, der Vater eifersüchtig. Der Roboter muss weg, doch dann…
Anja Bagus schließt den Reigen dann mit „Happy Transition Day“ ab. In dem sehr kurzen Text geht es einmal nicht um den bei ihr sonst üblichen Aether, sondern um das etwas andere Weiterleben nach dem Tod.
Alles in allem ist dies eine recht abwechslungsreiche Anthologie, deren Texte allesamt stilistisch ohne Schwächen, inhaltlich abwechslungsreich und thematisch vielfältig daher kommen. Aus den zehn Beiträgen ragen die Novelle von Thorsten Küper sowie die Geschichte von Andreas Winterer heraus, die alleine schon den Obolus des kleinen Bändchens wert sind.