Jessica Jones Megaband: Das letzte Kapitel (Comic)

Jessica Jones Megaband: Das letzte Kapitel
(Jessica Jones 1-18, 2017/2018)
Autor: Brian Michael Bendis
Titelbild: David Mack
Zeichnungen: Michael Gaydos, Javier Pulido
Übersetzung: Bernd Kronsbein
Panini, 2018, Paperback, 412 Seiten, 38,00 EUR, ISBN 978-3-7416-0816-2

Rezension von Elmar Huber

Kaum wurde Jessica Jones aus dem Knast entlassen, steht schon eine neue Klientin vor der Tür von ‚Alias Investigations‘. Mrs. Brownlee hat den Verdacht, dass ihr Mann aus einer anderen Dimension kommt. Einige Wochen zuvor wäre er neben ihr aufgewacht und hat sich an ein anderes Leben erinnert. Und während Jessica nebenbei als Doppelagentin für Caroline „Captain America“ Denvers im Einsatz ist, wird ihre neue Klientin getötet (US-Heft 1-6).

Unvermittelt taucht die verletzte Maria Hill, ehemalige Chefin von S.H.I.E.L.D., in Jessicas Büro auf und bittet die Detektivin herauszufinden, wer sie umbringen will. Ein Auftrag, der sie nicht nur in höchste Lebensgefahr bringt. Ihre Ermittlungen lassen auch die Frage aufkommen, wer ihre Auftraggeberin wirklich ist. Die Antworten führen tief in Hills Vergangenheit (US-Heft 7 bis 12) .

Jessicas Erzfeind Killgrave ist wieder frei. Über ihre kleine Tochter nimmt er Kontakt zu ihr auf. Die Falle, die sie ihm stellt, schlägt fehl, doch er versucht, sie zu überzeugen, dass er sein Gewissen entdeckt hat und sie nun ihn und seine Macht nutzen dürfe, um Gutes zu tun US-Heft 13 bis 17).

Daisy Schilling bittet Jessica Jones, ihren Freund, den Superschurken Antonio „Armadillo“ Rodriguez zu finden, der ohne eine Nachricht verschwunden ist. Zwar gibt es reichlich Bildmaterial, wie der 2,50 Meter große Gürteltiermann von verschiedenen Helden vermöbelt wird, doch ist Armadillo so nichtssagend, dass sich keiner mehr an die Zusammentreffen mit ihm erinnert (US-Heft 18).


2016 wollte es Brian Michael Bendis noch einmal wissen und hat nach 28 Ausgaben „Alias“ (November 2001 bis Januar 2004) von Dezember 2016 bis Mai 2018 einen weiteren „Jessica Jones“-Run abgeliefert, mit dem er sich gleichzeitig von Marvel verabschiedet hat. Und tatsächlich glaubt man nicht, dass inzwischen über zehn Jahre ins Land gegangen sind; scheinbar mühelos knüpft der Autor erzählerisch an „Alias“ an; alle 18 Ausgaben sind in diesem Megaband gesammelt.

Insgesamt sind hier vier Fälle für die Privatermittlerin enthalten, wobei der Auftrag, nach Armadillo zu suchen, in einer Nummer abgehakt wird und zumindest als Fall nicht weiter ernst zu nehmen ist. Auch wenn Autor Bendis damit natürlich ganz bewusst und treffend das ‚Leid‘ vieler B- und C-Schurken thematisiert, die einfach nicht als ernstzunehmende Gefahr für die Helden wahrgenommen werden.

Deutlich komplexer gestalten sich die Fälle um Mr. Brownlee aus einer anderen Dimension und der Ex-S.H.I.E.L.D.-Chefin Maria Hill, wobei die Ermittlungen auch immer wieder zu den unpassendsten Zeitpunkten von Jessica Jones‘ chaotischem Privatleben und der Sorge um ihre Tochter torpediert werden. Ihre unvermittelten und heftigen Gefühlsausbrüche sind keine Hilfe, die Lage zu beruhigen und ihr Verhältnis zu Papa Luke Cage zu entspannen.

Der abschließende Storybogen ist fast schon selbstverständlich Jones‘ Intimfeind Zebediah „Purple Man“ Kilgrave gewidmet und für die Heldin emotional entsprechend aufwühlend. Die Spannung entsteht daraus, dass niemand - weder Jessica noch der Leser - Kilgrave seinen plötzlichen Gesinnungswandel abkauft und man nur darauf wartet, wann und wie dieser perverse Bastard explodiert. Für so manchen Geschmack hält Bendis die Spannung hier zu lange zu weit unter der Schwelle, so dass dieser Abschluss nach der starken „Maria Hill“-Storyline den Leser eher unentschlossen zurücklässt. Nicht unwahrscheinlich, dass dieses ‚schwebende Ende‘ genau Bendis‘ Absicht war.

Da der Band komplett von Michael Gaydos gezeichnet wurde, ist die komplette Sammlung schön aus einem Guss, und das Megaband-Konzept geht sehr gut auf. Für die Titelbilder konnte ebenfalls wieder David Mack gewonnen werden.

Ein würdiger Abschluss von der alten „Alais“-Gang und eine tolle Ergänzung zur Netflix-Serie.