X-Men: Blue 3 (Comic)

Cullen Bunn
X-Men: Blue 3
(X-Men: Blue 16-20, 2018)
Übersetzung: Jürgen Petz
Titelbild: Art Adams
Zeichnungen: Thony Silas, R. B. Silva, Adriano Di Benedetto, Rain Beredo u.a.
Panini, 2018, Paperback, 116 Seiten, 13,99 EUR, ISBN 978-3-7416-0857-5

Rezension von Irene Salzmann

Die fünf jungen X-Men aus der Vergangenheit arbeiten mit Magneto, Polaris und Danger zusammen. Ihnen angeschlossen haben sich Bloodstorm und Wolverines Sohn Jimmy Hudson, die beide aus Alternativwelten stammen. Unvermittelt beginnt sich die Realität um sie herum aufzulösen. Magneto gelingt es, seine Schützlinge zu einer Zeitmaschine zu schicken, die er heimlich gebaut hat. Die jungen X-Men müssen unbedingt in ihre eigene Welt zurück, weil sich ihr Fehlen katastrophal auf die Zukunft auswirkt.

Allerdings muss das Team feststellen, dass Magneto die Maschine vorprogrammiert hat und sie nicht direkt in ihre eigene Zeit transferiert werden, sondern offenbar erfahren sollen, was passieren wird, wenn sie es nicht schaffen, alle Abweichungen zu korrigieren. Sie begegnen anderen X-Men - oder besser: was von ihnen noch übrig ist. Die jungen Mutanten können nicht fassen, was sie zu hören und sehen bekommen, nämlich dass sie sich zu grausamen Herrschern aufgeschwungen haben, die den Homo Sapiens und anders denkende Mutanten unterdrücken und viele einstige Freunde getötet haben.

Schließlich gelangen sie in ihre eigene Zeit, die sie schon einmal gefunden hatten. Allerdings waren sie sich selbst begegnet und glaubten, es handle sich um die falsche Welt. Erneut begegnen sie ihren Doppelgängern, die gerade Magnetos Brotherhood of Evil Mutants ermordet haben und auch ihn umbringen wollen. So hat sich das jedoch nicht abgespielt…


Seit die jungen X-Men aus der Vergangenheit in die Gegenwart des mittlerweile durch Personen aus alternativen Welten sehr durchmischten Marvel-Universums gelangten, bewegen sich die Autoren regelmäßig an der Grenze zu Zeit-Paradoxa. Bisher hatte der Aufenthalt der Gruppe in der Ära ihrer erwachsenen Alter Egos keine größeren Probleme verursacht, was den Schluss zuließ, dass durch ihr Verschwinden aus der eigenen Epoche eine neue Zeitlinie entstanden ist oder es sich ohnehin um eine Parallelwelt gehandelt hat.

Jetzt mit einem Mal soll die Rückkehr der Teenager unverzüglich stattfinden, da ihr Fehlen in der Vergangenheit erste Folgen zeigt, denn ihre Kameraden aus der Gegenwart lösen sich plötzlich auf, als habe es sie nie gegeben (wobei nicht erwähnt wird, ob dieses Phänomen sich überall bemerkbar macht; kein Wort darüber in anderen Serien). Die X-Men begeben sich nun tatsächlich auf Zeitreise.

Zunächst erfahren sie, dass sie anscheinend doch nicht verschwunden oder nach der Heimkehr in ihrer Zeit geblieben sind. Keiner der X-Men mag glauben, dass das temporäre Verweilen in der eigenen Zukunft und das Wissen von dem Kommenden sie so hat verändern können, dass sie schwere Verbrechen gegen die Menschheit begehen würden.

Die Auflösung des Rätsels erfolgt in der eigenen Zeit und ist eine echte Überraschung. Natürlich gelingt es dem verstärkten Team, das Problem zu beheben, doch bleiben dürfen sie nicht, weil sie in dem Moment zurückkehren müssten, in dem sie verschwunden sind. Das klingt logisch, denn in dem Fall wären sie nie weg gewesen, und auch dieser Konflikt hätte nicht stattgefunden.

Es bleibt jedoch die Frage: Wenn das gelingt, sind sie entsprechend der Zeit, die sie in ihrer Zukunft verbracht haben, gealtert, haben sich verändert und verfügen über ein Wissen, das sie nicht haben dürfen, was infolgedessen doch zur Schaffung einer neuen Zeitlinie führen müsste, oder? Immerhin sind sie auf der Reise nicht jünger geworden und haben nichts vergessen - vergessen hat bloß Magneto in der Zukunft, dass er sie mit der Zeitmaschine zurückschickte, und selbstverständlich sind auch alle anderen wieder da, ganz ohne Erinnerung.

Im Moment sehen es die Autoren gelassen, wenn es zu Paradoxa kommt, zumal es keine simple Lösung geben wird. Diese ist auch fürs Erste gar nicht vorgesehen, denn die Möglichkeiten, die sich ergeben, seit die X-Men in der Zeit versetzt wurden, haben ihren eigenen Reiz. Beispielsweise flirten Marvel Girl und Beast, während Cyclops von Bloodstorm fasziniert ist, Angel war oder ist mit Wolverines weiblichem Klon liiert, Iceman hat sich als homosexuell geoutet. Wobei gewiss auch interessant wäre zu lesen, wie die Heimkehrer ihr Wissen einsetzen, um manche Katastrophen zu vermeiden und eine bessere Alternativ-Zukunft zu schaffen, ohne die bekannte Gegenwart zu zerstören. Und wenn schon. Der Austausch und die Vermischung der Protagonisten aus verschiedenen Welten und Zeiten wurde ja auch durchgezogen und ist der momentane Status quo.

Da an den fünf Heften lediglich zwei Zeichner-Teams gearbeitet haben, wirkt der Inhalt optisch einigermaßen homogen, obschon Thony Silas und R. B. Silva unterschiedliche Stile entwickelt haben. Als Leser findet man es sehr schade, dass nicht wenigstens eine Storyline von einem festen Team begleitet, sondern bald jedes Heft von anderen Künstlern gestaltet wird, manchmal sogar zwei oder drei Wechsel innerhalb einer Episode stattfinden.

Ein spannendes Zeitreise-Abenteuer, bei dem man besser nicht grübeln sollte, ob alles, was passiert, wirklich logisch ist…