phantastisch! Ausgabe 72 (Magazin)

phantastisch! Ausgabe 72
Titelbild: Carina Eyrisch
Atlantis, 2018, Zeitschrift, 84 Seiten, 5,95 EUR (auch als PDF-Ausgabe erhältlich)

Rezension von Christel Scheja

Wie zuletzt des Öfteren ist auch diese 72. Ausgabe der „phantastisch!“ wieder ein wenig umfangreicher ausgefallen. Diesmal hat man auch versucht, der sonst immer unterrepräsentierten Fantasy ein wenig mehr Raum zu geben um damit ein buntes Potpourri zu schaffen. Außerdem kommen neben Autoren nun auch einmal Verleger und Kritiker zu Wort.


So erzählt Joachim Körber von der Edition Phantasia, warum seine Ausgaben von bestimmten Stephen-King-Romanen kurz nach ihrem Erscheinen und auch heute noch als „Raubdrucke“ bezeichnet werden und wie es überhaupt dazu gekommen ist.

 Bela Sobottke erklärt, warum er das Wort Trash nicht gerne mag und was den Wert der erst einmal zur Unterhaltung gedachten Comics und Romane ausmacht, und warum auch sie durchaus ihren Sinn im Leben der Leser haben.

Christian Hoffmann stellt die alternativen Welten des Harry Harrison vor, Jan Niklas Meyer das Phantastische Mittelalter. Rüdiger Schäfer stellt sich die Frage ob man jemals zu alt zum Spielen wird, gerade bei Computerspielen. Und Christian Endres stellt ein paar Romane vor, die sich vom derzeitigen Fantasy-Standard abhebt.

Dazu kommen Rezensionen, der Blick auf ein paar aktuellere Comics und Filme, ebenso die Fortsetzung einiger Kolumnen.


Tatsächlich ist die Zusammenstellung dieser Ausgabe etwas abwechslungsreicher als sonst, denn auch Fans der eher rückwärts gerichteten Phantastik bekommen diesmal Einiges an Lesefutter.

Natürlich bleiben die Macher der Devise treu, vor allem Werke auszusuchen, die sich abseits des Mainstream bewegen. Die vielen „Game of Thrones“-Klone oder die romantischen Abenteuer für junge Mädchen bleiben weiterhin außen vor, dafür pickt man sich den einen oder anderen Klassiker heraus oder eben auch die Außenseiter, die dem ansonsten eher mittelalterlich geprägten Bild der Fantasy ein neues Gesicht geben.

Die Artikel machen immerhin keinen Hehl daraus, dass sie die Meinung des Autoren wiedergeben, auch wenn man so neutral wie möglich bleibt; auch die Interview-Fragen bewegen sich abseits des Standards. Das bringt auch die Interviewten dazu, offener und diffiziler über die Dinge zu reden, die sie stören.

Vermutlich ist es auch das, was der Zeitschrift immer noch eine stabile Leserschaft beschert. Die Artikel, Themen und Gedanken der einzelnen Beiträge werden nicht unbedingt im Internet breit getreten, sondern bleiben mehr oder weniger einzigartig und bringen den Leser zum Nachdenken. Auch wirken die Autoren unabhängig und sind manchmal mit ihren Aussagen und Thesen regelrecht unbequem.

Das Fazit zur 72. Ausgabe der „phantastisch!“ kann deshalb nur lauten: Die Zeitschrift ist wieder einen Blick wert, gerade diesmal, wo die Autoren zum Teil ganz andere Themen herauspicken als sonst - man sollte aber bereit dazu sein, über den Tellerrand des Mainstreams zu blicken.