Bernhard Hennen: Der Verfluchte - Die Chroniken von Azuhr 1 (Buch)

Bernhard Hennen
Der Verfluchte
Die Chroniken von Azuhr 1
Tor, 2017, Paperback, 570 Seiten, 16,99 EUR, ISBN 978-3-596-29726-9 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Christel Scheja

Zu den großen deutschen Fantasy-Autoren, die schon seit Jahrzehnten aktiv sind, gehört neben Wolfgang Hohlbein auch Bernhard Hennen, der vor allem mit seinen „Elfen“-Romanen große Erfolge feierte. Nun startet er mit „Die Chroniken von Azuhr“ eine weitere Reihe, in der er den Zeichen der Zeit folgt, wie auch schon „Der Verfluchte“ beweist.


Milan, der jüngste Sohn des Erzpriesters Nandus Tormeno, lehnt sich gegen das Schicksal auf, das ihm vorherbestimmt ist, denn er will nicht auf eine Rolle vorbereitet werden, die ihm nicht liegt. Er sieht sich nicht als nächster Erzpriester, der mit harter Hand die Stadt und Region regiert und keinen Widerstand zulässt. Stattdessen will er das tun, was ihm mehr liegt, denn auf seinen Streifzügen durch die Stadt ist ihm nicht entgangen, welches Leid die Entscheidungen seines Vaters über die Menschen bringen.

Alles beginnt mit dem Tag, in dem er in die Maske des „Krähenmannes“ schlüpft um seinen Vater zu beschämen und zu berauben. Durch diese Tat erweckt er das Interesse der gerissenen Diebin Felicia, die ihn mit der Kurtisane Nok in Kontakt bringt.

Noch ahnt keiner von den dreien, dass damit erst recht die Entwicklungen in Gang kommen, die das Blatt wenden und fast vergessene Götter und Geister in die Welt zurückrufen werden.


Eines muss man Bernhard Hennen lassen. Er erschafft Welten, die gleichermaßen vertraut wie auch neu und spannend wirken, ohne dabei Klischees überzustrapazieren. Das macht wohl den Erzähler in ihm aus, denn er weiß sehr genau, wie er die Leser fesseln kann, welche bekannten Versatzstücke funktionieren und Sympathien wecken, aber auch für unangenehme Überraschungen sorgen.

So ist der eigentlichen Handlung ein sehr langer Prolog vorangestellt, der dramatisch endet, aber vermutlich auch noch einige Auswirkungen auf die Geschichte hat. Dann folgt ein auf lange Strecken typisches Abenteuer mit einem jungen Mann im Zentrum, der aus dem, was für ihn vorgesehen ist, versucht auszubrechen, und die Erfahrung macht, dass er mit Idealismus allein wohl nicht weiter kommt.

Felicia und auch Nog werden dabei zu seinen Lehrmeisterinnen, und das nicht nur in erotischer Hinsicht. Sie kitzeln aus ihm die Seite heraus, die er bisher selbst noch nicht kannte und bringen den Helden so dazu, erwachsen zu werden und seinem eigenen Instinkt zu folgen.

Mehrfach spielt Bernhard Hennen mit den Erwartungen der Leser und versetzt sie in Schock, was wohl auch eine Hommage an „Game of Thrones“ und das Genre ist, in dem er sich gerade bewegt. Denn in dieser Welt ist nichts und niemand wirklich sicher.

Interessant ist auch, wie sich die Figuren entwickeln. Denn niemand, der gut erscheint ist es letztendlich wirklich und auch Milans und Felicias Gegenspieler haben sehr interessante Seiten, die auch noch wichtig werden könnten.

So bleibt die Spannung über weite Strecken erhalten, fesselt dadurch, weil man nie weiß, was als Nächstes passiert und punktet mit einem episch ausgebauten Hintergrund, der seine Informationen stetig enthüllt, aber niemals einen beim Lesen erschlägt.

Das macht „Der Verfluchte“ zu einem interessanten und sehr unterhaltsamen Auftakt von „Die Chroniken von Azuhr“, der wieder einmal beweist, dass Bernhard Hennen sich so sicher im Genre der Fantasy bewegt wie sonst kein anderer Mit-Autor. Denn von Anfang bis Ende macht das Lesen des Buches Spaß.