Deadpool (DVD)

Deadpool
USA 2016, Regie: Tim Miller, mit Ryan Reynolds, Morena Baccarin u.a.

Rezension von Elmar Huber

Gerade als der Söldner Wade Wilson mit Vanessa die Frau seines Lebens kennenlernt, mit ihr auf Wolke 7 schwebt und sogar Heiratspläne schmiedet, erhält er die niederschmetternde Diagnose: Krebs im Endstadium. Das militärische Geheimprojekt ‚Waffe X‘ macht ihm ein verlockendes Angebot: Eine experimentelle Behandlung soll nicht nur seinen Krebs heilen, als Bonus erhält er außerdem übermenschliche Kräfte. Doch das Serum ist nur ein Faktor. Um es zu aktivieren, muss Wilson auf ein extremes Stresslevel gebracht werden oder, mit einem anderen Wort, ‚Todesangst‘ verspüren.

Dem sadistischen Versuchsleiter Ajax ist es ein Fest, den Sprücheklopfer Wilson immer neuer Folter und neuen Erniedrigungen auszusetzen, um ihm endlich die große Klappe zu stopfen. Die Situation eskaliert, das Waffe-X-Labor brennt ab, doch Wilson erhält dank der Aktivierung des Serums extreme Selbstheilungskräfte, die ihn, wenn auch massiv entstellt, überleben lassen. Zwei Gedanken treiben ihn jetzt an: Die Sehnsucht nach Vanessa und die Rache an Ajax.

 

In den ersten Jahren, nach Deadpools ‚Geburt‘ hätte wohl niemand gedacht, dass sich dieser dauerquasselnde Gaga-Antiheld zu einem der Publikumslieblinge von Marvel entwickeln würde. Obwohl - oder weil (?) - er sich nirgendwo so recht einfügen möchte.

Wie vor dem Start ausgiebig zu hören, war das Filmprojekt eine Herzensangelegenheit von Hauptdarsteller Ryan Reynolds, der mit „Deadpool“ (nach „Blade: Trinity“, „Green Lantern“ und „R.I.P.D.“) seinen vierten (!) Comic-Charakter auf der Playlist hat und der für „Deadpool“ in den USA eine NC-17-Freigabe durchgeboxt hat, statt eine gewinnsteigernde aber charakterverwässernde PG-13 zu akzeptieren.

Grundsätzlich haben wir aber immer noch einen Marvel-Film vor uns, der eine ganz klassische Helden-Origin-Story vom Reißbrett bietet und sich damit gar nicht so weit von „Ant-Man“ oder „Doctor Strange“ weg bewegt, auch wenn dieses bekannte Muster an einigen Stellen aufgebrochen wird.

So startet der Film, ohne dass man etwas über die Figuren weiß, mitten in einer vorgezogenen Action-Szene, die zeitlich erst sehr viel später im Film vorkommt. In diese extrem dynamischen Minuten sind die Filmcredits eingewoben, die - ganz dem Naturell der Hauptfigur entsprechend - nur aus Nonsens-Nennungen bestehen.

Zweiter merklicher Unterschied ist die ausgeprägte Kalauer-Dichte. Dass die Gags oftmals unter die Gürtellinie gehen und auch so manche Rohrkrepierer dabei sind, kann ebenfalls als Absicht gewertet werden. Ebenso wurde aus den Comics übernommen, dass Wade Wilson sich ganz bewusst ist, ein Comic-/Film-Charakter zu sein und er gern mal die ‚vierte Wand‘ durchbricht, um direkt mit dem Publikum zu sprechen. Auch die Insider-Gags auf der Metaebene machen Spaß, wie etwa die Seitenhiebe auf den grottigen „Green Lantern“-Film (mit Reynolds als Titelheld).

Was die Vorlagentreue angeht muss man also wirklich ein ‚Geglückt!‘ vergeben und natürlich auch für das mehr als gelungene Heldenkostüm.

Ob jetzt Ryan Reynolds wirklich die erste Wahl gewesen wäre, hätte er nicht das Projekt selbst massiv vorangetrieben, steht auf einem anderen Blatt. Gleiches gilt für die eigentlich großartige Morena Baccarin („Homeland“, „Gotham“) als Vanessa Carlysle, der man den durchgeknallten Charakter nicht so recht abnehmen möchte. Dazu waren ihre bisherigen Rollen zu ‚aufgeräumt‘. Übrigens hat auch Morena Baccarin schon ordentlich Comice-Efahrung, spielt sie doch Dr. Leslie Thompkins in „Gotham“, und ihre Stimme war bereits in „Flash“, „Batman: The Brave and the Bold“, „Son of Batman“ und „Batman: Bad Blood“ (als Talia al Ghul) zu hören.

Die Regie hat der relativ unbeschriebene Tim Miller übernommen, der aus dem Visual.Effects-Bereich kommt und einen mehr als brauchbaren Job abgeliefert hat. Marvel-typisch technisch tadellos, doch (noch?) ohne eigene Handschrift. Demnächst soll Miller die Regie des geplanten „Terminator“-Reboots übernehmen.

Hut ab! Krachige Action, zotige Sprüche und das Herz am rechten Fleck. In nahezu allen Belangen eine absolut gelungene Leinwandumsetzung des Chaos-Helden.


DVD-Facts:
Bild: 2,40:1 (16:9)
Ton: deutsch Dolby Digital 5.1, englisch Dolby Digital 5.1 u.a.
Untertitel: deutsch, englisch u.a.

DVD-Extras:
Featurettes