Jay Kristoff: Die Prüfung - Nevernight 1 (Buch)

Jay Kristoff
Die Prüfung
Nevernight 1
Übersetzung: Kirsten Borchardt
Titelbild: Jason Chan
Karten: Victoria Allyn
Tor, 2017, Hardcover, 702 Seiten, 22,99 EUR, ISBN 3-596-29757-5 (auch als eBook erhältlich)

Rezension von Christel Scheja

Der Australier Jay Kristoff ist Master of Arts und offensichtlich auch ein passionierter Rollenspieler. Zusammen mit seiner Frau lebt er in Melbourne. „Die Prüfung“ ist der erste Roman von ihm, der in Deutschland erscheint und der Auftakt der „Nevernight“-Saga.

 

Mia Corvere verliert als kleines Mädchen ihre ganze Familie. Ihr Vater wird als Staatsverräter hingerichtet, ihre Mutter mitsamt dem Baby eingekerkert. Sie selbst entkommt dem Tod - soll sie doch ertränkt werden wie ein Kätzchen - nur um Haaresbreite. Fortan sinnt sie auf Rache. Die ermöglicht ihr ein alter Mann, der sich ihrer annimmt. Mercurio ist zwar vordergründig Antiquitätenhändler, aber er dient auch der dunklen Göttin als Angehöriger der Roten Kirche.

Schließlich schickt er sie auf die Burg des Ordens selbst. In der Abgeschiedenheit einer Wüste soll Mia die Künste der Assassinen erlernen, nicht nur, um selbst Rache an denen zu nehmen, die ihr Leben zerstörten, sondern auch um einer Göttin zu dienen, die für all das steht, was ihre Feinde bekämpfen.

Das Mädchen nimmt die Herausforderung an und lernt während der mehrjährigen Ausbildung  vor allem eines: Vertraue nur dir selbst, aber niemals anderen - selbst wenn sie noch so hilfreich erscheinen.


„Die Prüfung“ reiht sich in die vielen Romane ein, die derzeit junge Frauen mit einem sehr blutrünstigen Beruf in den Mittelpunkt stellen. Wieder ist es ein Mädchen, das alles verliert, weil machtgierige Politiker ihren Weg zur Macht auch mit den Leichen Unschuldiger pflastern, wieder findet sie geheimnisvolle Hilfe und muss sich letztendlich einer mörderischen Göttin verschreiben.

Aber immerhin gewinnt der Autor dem Ganzen eine angenehm lesbare Note ab. Denn der Roman bietet auch eine typische Internatsgeschichte, in der die Heldin Freunde und Feinde in ihrer Jahrgangsstufe hat und mit so manchen Intrigen herumschlagen muss, während auch die Lehrer Einiges von ihr fordern.

Die Mischung funktioniert ausgezeichnet und wird auch ein wenig augenzwinkernd präsentiert, denn nicht alle der im Text eingefügten Fußnoten bieten ernstgemeinte Informationen. Diese Textblöcke nehmen auch im Verlauf der Handlung stark ab, was dem Lesefluss zugute kommt. Auch macht der Autor keine Versprechungen darüber, wer überleben darf und wer nicht, im Grunde gibt es da auch nur eine einzige Konstante. Insgesamt gibt es allerdings nicht viel zu meckern. Der Roman findet eine gute, ansprechende Balance zwischen Action und Beschreibung.

Die Figuren sind ebenfalls genug ausgearbeitet, um Bindungen zu ihnen zu entwickeln, die Handlung macht ein paar überraschende Sprünge und weiß gelegentlich sogar sehr gut zu überraschen und auch die Entwicklung der Heldin ist glaubwürdig und nachvollziehbar - sie bewahrt sich trotz allem, was sie erlebt, auch noch ein paar menschliche Seiten. Der Roman endet halbwegs in sich geschlossen, macht aber durch ein paar offene Fäden Lust auf mehr.

„Die Prüfung“, der erste Band der „Nevernight“-Saga, mag sich zwar in die Reihe der „Mädchen wird zur coolen Killerin für die gerechte Sache“-Romane einreihen, gewinnt dem Thema aber ein paar unterhaltsame Seiten ab und weiß durch eine abwechslungsreiche und gelegentlich auch sehr überraschende Handlung gut zu unterhalten.