Butcher, Jim: Im Schatten des Fürsten – Codex Alera 2 (Buch)
- Details
- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Samstag, 27. Februar 2010 00:00
Jim Butcher
Im Schattenn des Fürsten
Codex Alera 2
(Academs Fury)
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Andreas Helweg
Titelillustration von Max Meinzold
Blanvalet, 2010, Paperback mit Klappenbroschur, 638 Seiten, 14,00 EUR, ISBN 978-3-442-26584-8
Von Carsten Kuhr
Was braucht man, um einen guten Fantasy-Roman zu schreiben? Zunächst käme da ein mächtiges Reich ganz gut zupass, das seinen Zenit überschritten hat. Ein einsamer, alter, nichtsdestotrotz mit gewaltigen Kräften ausgestatteter absoluter Herrscher, intrigante Adelige und Verräter gehören natürlich auch dazu. Dann mische man ein wenig Magie – vorliegend Elementarkräfte genannt, mit denen die Begabten, und das sind hier alle (bis auf unseren Helden), je nachdem, welchem Element sie zugetan sind, wahre Wunder wirken können. Erdelementare können ganze Gebäude aus dem Boden oder Felsen auferstehen lassen, mit Hilfe der Windelementare können die Begabten fliegen und Stürme in ihre Schranken weisen, und die Wasserelementare können selbst schwerste Krankheiten heilen.
Vorhang auf, für unseren Helden, schließlich geht es ohne einen solchen nicht! Tavi, ein Ziegenhirte, ist wohl der einzige Alderaner, der über keine Elementar-Begabung verfügt. Dennoch ist er ein Held. Im Krieg gegen die nomadisierenden Marat hat er entscheidend eingegriffen, der Imperator selbst hat den aufgeweckten Jungen an die Akademie in der Hauptstadt gerufen und zu seinem Leibdiener bestellt. Und Tavi weiß, dass er ohne Elementarkräfte allein auf seine Intelligenz angewiesen ist. Freunde hat er gefunden, daneben durchläuft er auch noch die Ausbildung zum Kurator – einem kaiserlichen Spion.
Und was darf auch auf gar keinen Fall fehlen? Richtig, eine dunkle Bedrohung.
Nachdem der Krieg gegen die Marat abgewendet scheint, ja, eine erste vorsichtige Annäherung an die Nomaden beginnt, macht sich ein weit größeres Übel auf, die Aleraner, ja alles Leben, zu bedrohen.
Die Vord, Gestaltwandler, die sich die Eroberung allen Lebens verschrieben haben, infiltrieren das Reich. Nachdem die von Tavi und Kitai geweckte Vord-Königin zwei Schwestern ausgebrütet hat, geht die Invasion zunächst unbemerkt voran. Den Marat gelingt es in einer verlustreichen ersten Schlacht eines der Nester zu zerstören und die dortige Königin zu töten. Von ihnen gewarnt bricht die Wehrhöferin Isana in die Hauptstadt auf, um beim Imperator Hilfe einzufordern. Währenddessen greift ihr Bruder ein weiteres Nest an – und tappt in eine tödliche Falle.
Die dritte Königin hat sich tief unter der Hauptstadt eingenistet. Und dies ausgerechnet zu einer Zeit, während der der Herrscher im Koma daniederliegt.
Zusammen mit einigen wenigen Freunden und treuen Verbündeten ist es an Tavi sich den Unheil entgegenzustemmen – sollte bekannt werden, dass der Imperator schwer erkrankt ist, droht ein vernichtender Bürgerkrieg. In den Tiefen machen sich die Vord auf, den Herrscher anzugreifen und ein machtgieriger Adeliger hat sich den Tod Tavis auf seine Fahnen geheftet – wie man sieht, wahrlich genügend Stoff, um einen Roman zu füllen …
Jim Butcher hat mit seiner bei uns im Knaur Verlag erschienenen Harry Dresden Reihe für Furore gesorgt. Seine etwas andere Urban Fantasy verwöhnt den Leser mit markanten Figuren, jeder Menge Selbstironie und Action satt.
Als Blanvalet den ersten Band seiner Codex Alera-Reihe ankündigte, wartete ich voller Vorfreude auf das Buch – und wurde, wenn auch nur ein wenig, enttäuscht. Das Gebotene las sich ganz nett, war aber von der Anlage her mir ein bisschen zu kompliziert angelegt.
Im vorliegenden zweiten Teil macht es Butcher besser, viel besser. Das mag damit zusammenhängen, dass die wesentlichen Figuren und Orte eingeführt sind, dass wir unsere Welt und ihre Besonderheiten mittlerweile kennen.
Das ist aber auch von der Anlage des Plots her wesentlich gelungener. In mehreren Handlungsebenen wird das dramatische Geschehen beleuchtet. Dabei geht es nicht nur um die drohende Invasion der Vord, und wie man die Gestaltwandler, die sich der Leiber der von ihnen Befallenen dienstbar machen abwehren kann, sondern auch um die Intrigen in der Hauptstadt, um Verrat, Mord und Liebe.
Es gibt packende Gefechte, böse Widerlinge, jede Menge Abenteuer, echte Freundschaft und aufopfernde Helden. Das ist eine gelungene Mischung aus politischen Intrigen, einer immer deutlicher und glaubwürdiger sich abzeichnenden politischen Machtpyramide und der Entwicklung eines jungen Charakters zu einer echten Persönlichkeit.
Daneben werden auch andere Charaktere immer wichtiger. Ein Verräter, dessen Motivation glaubwürdig und nachvollziehbar dargestellt wird, eine machtgierige Intrigantin, die zum Wohl des Reiches eingreift, ein örtlicher Herrscher, der aus Pflichtbewusstsein und einfach, weil es das Richtige ist bereit ist, sein Leben und das der ihm Untergebenen zu opfern, um das Böse aufzuhalten – das ist der Stoff, aus dem große Sagen gemacht sind.
Das erinnert in Details ein wenig an Raymond Feist, geht dann aber wieder doch ganz andere, eigene, dunklere Wege, liest sich deutlich erwachsener als die gängigen Fantasy-Bestseller aus den Schmieden eines Eddings oder Duncans.
Bei all dem gebotenen Stoff bleibt die Handlung in der sehr guten Übersetzung von Andreas Helweg stringent, kommen keinerlei Längen auf.
So muss Fantasy sein – faszinierend, dramatisch und spannend!