Ward, J. R.: Die Ankunft – Fallen Angels 1 (Buch)

J. R. Ward
Die Ankunft
Fallen Angels 1
(Covent)
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Astrid Finke
Titelillustration von Animagic
Heyne, 2010, Paperback mit Klappenbroschur, 584 Seiten, 14,95 EUR, ISBN 978-3-453-26664-3

Von Carsten Kuhr

Der ewig währende Kampf des Guten gegen das Böse um das Schicksal der Menschheit ist uns aus dem Religionsunterricht nur zu gut bekannt. Engel auf der einen Seite streiten dabei mit feurigen Schwertern gegen die Teufel um die unsterblichen Seelen der Menschen. J. R. Ward setzt diesen Grundkonflikt nun in einen neuen Kontext.

Beide Seiten, Himmel und Hölle und ihre jeweiligen wackeren Streiter, die Engel und ihre Widersacher, sind des Spielens müde. Ein Ende muss her, ein letztes Spiel um den Endsieg, um das Schicksal der Menschheit. Es gilt, sieben Seelen, die am Scheideweg stehen, entweder zu retten, oder auf die Bahn des Bösen zu geleiten. Wer gewinnt, dem winkt der ultimative Preis. Beide Seiten einigen sich auf einen gemeinsamen Streiter, der selbst genau zwischen Gut und Böse steht.

Vorhang auf für Jim Heron, wie er sich nennt. Mit falschem Ausweis ist er als Zimmermann unterwegs. Früher, bei der Army für seine besonderen Dienste als Sniper bekannt und geschätzt, will er jetzt eigentlich nur mehr eines – in Ruhe gelassen zu werden. Doch dann gabelt ihn eine umwerfende Luxuskietze auf, am nächsten Tag trifft ihr ein Stromstoß, und schon wacht er vor den Toren des Paradieses auf. Zutritt aber streng verboten – zumindest für ihn, denn er hat zuvor seine Schlachten zu schlagen.

Sein erster Auftrag ist, die Seele des Immobilienmoguls Vin diPietro zu retten. Ohne recht zu wissen was ihn erwartet, wie er vorgehen soll und was eigentlich seine Aufgabe ist, macht er sich widerwillig, wie man sich unschwer vorstellen kann, an die Tat.

DiPietro ist ein kaltherziger Self-Made-Millionäre, der es gewohnt ist, zur Erreichung seiner Ziele buchstäblich über Leichen zu gehen. Das Einzige, was ihn aus seiner selbstgewollten Herzlosigkeit retten könnte, ist seine Zuneigung zu der Prostituierten Marie-Terese – so er denn bereit ist, seinen Gefühlen freie Bahn zu lassen. Immerhin gibt es da mit Devina, einer betörenden Traumfrau, auf die auch Jim schon hereingefallen ist, eine Frau, die sich nicht so einfach beiseiteschieben lässt, zumal sie noch ganz andere Trümpfe und Pläne in der Hinterhand hält – doch ist sie wirklich nur eine Frau …?

J. R. Ward ist, nicht nur bei uns, insbesondere für ihre „Black Dagger“-Romane bekannt und beliebt. Mit den „Fallen Angels“ kehrt sie in die Welt der Black Dagger zurück, ohne aber inhaltlich die beiden Serien miteinander zu verzahnen. Lediglich einem Miniauftritt von Phury können wir entnehmen, dass die beiden Serien in derselben Welt angesiedelt wurden.

Bieten die „Black Dagger“-Romane eine insgesamt ausgewogene Mischung aus Romance- und Sex-Elementen mit packenden Schilderungen von Kämpfen, so ist vorliegend der Schwerpunkt weit deutlicher auf die romantische Seite gelegt.

rei Hauptpersonen bestimmen das Buch. Da ist zunächst einmal Marie-Terese. Eine Frau, streng katholisch, die nicht ganz unschuldig an ihrem schweren Los ist. Auf den falschen Mann und seine Versprechungen hereingefallen, boxt sie gegen den entschiedenen Widerstand ihres kriminellen Ex die Scheidung durch, findet den von diesem entführten Sohn, flieht und verdingt sich, um die Rechtsanwalts- und Detetivhonorare zu bezahlen, als Prostituierte. Dabei ist sie gleichzeitig liebevolle, treusorgende Mutter und hart arbeitende Emanze im positiven Sinne. Sie und ihr Schicksal rührt den Leser, bietet sich aber aufgrund der Ausgestaltung nicht unbedingt zum „in die Haut schlüpfen“ an.

Vin dagegen ist ein Alpha-Männchen aus dem Kochbuch. Gut gewachsen, charmant, erfolgreich, ist er auf der Flucht vor seiner Gabe den Tod von Menschen vorherzusehen, eigentlich nur auf der Suche nach einer Frau, die er wirklich lieben kann. Dabei aber auch äußerlich eiskalt und berechnend.

Jim schließlich ist ein Abziehbild des hart arbeitenden Mannes, mit dunkler Vergangenheit. Raue, sehr attraktive Schale mit einem weichen Kern. Innerlich verletzt und traumatisiert durch die als Kind miterlebte Ermordung und Schändung seiner Mutter hat er sein Leben bislang in den Dienst seines Landes gestellt, sich dabei seinen Sinn für Recht und Unrecht und seine Moral aber erhalten. Das wird, das muss, patriotische Herzen jenseits des großen Teiches höherschlagen lassen, das ist ein idealer Kumpel für die Männer und Traum der schlaflosen Nächte ihrer Gattinnen.

Es gibt jede Menge von Verwicklungen, spannende Duelle wie wir dies von den „Black Dagger“-Romanen auch gewohnt sind. Sexuelle Begegnungen werden deutlich, fast zu deutlich, dargestellt, wie in ihrer Erfolgsserie kokettiert die Autorin auch hier mit dem Verrufenen und Anrüchigem. Die übernatürlichen Elemente sind weit dosierter eingesetzt, als in der Bestseller-Serie, wobei der Kampf des Engels gegen die Dämonen ja auch erst beginnt.

Leserinnen, und das Buch wendet sich hauptsächlich an eine weibliche Käuferschicht, die die „Dagger“-Romane verschlungen haben, werden auch hieran ihre liebe Freude haben. Dabei bleibt das Gebotene aber – noch zumindest – besonders in den Details hinter der Bruderschaft zurück.