Paul Kearney: Der eiserne Krieg - Die Königreiche Gottes 3 (Buch)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Donnerstag, 17. November 2016 18:14
Paul Kearney
Der eiserne Krieg
Die Königreiche Gottes 3
(The Iron Wars - Monarchies of God 2, 1999)
Übersetzung: Michael Krug
Titelbild: Timo Kümmel
Atlantis, 2016, Paperback, 282 Seiten, 13,90 EUR, ISBN 978-3-86402-378-1 (auch als Hardcover und eBook erhältlich)
Rezension von Irene Salzmann
Nachdem die beiden vorherigen Bände die Reise zu und den Aufenthalt auf einem bisher sagenhaften, unbekannten Kontinent sowie die furchtbaren Auswirkungen eines (Glaubens-) Kriegs gegen eine riesige Armee Invasoren und interne Konflikte, die zu einer Spaltung der Kirche führten, schilderten, richtet der dritte Teil der „Königreiche Gottes“ nach dem jüngsten Cliffhanger den alleinigen Fokus auf die Geschehnisse, die den bekannten Kontinent in eine Katastrophe treiben, die weitaus schlimmer ist, als jeder ahnt.
Da quasi die Abenteuer ‚auf der anderen Seite der Welt‘ fehlen, fällt das vorliegende Buch um rund hundert Seiten dünner aus und kostet tatsächlich einen Euro weniger. An spannenden Schauplätzen und interessanten Charakteren, die an ihren Aufgaben wachsen müssen, mangelt es dennoch nicht.
König Abeleyn von Hebrion hat den Kampf um seine Hauptstadt mehr tot als lebendig überstanden. Nur seine engsten Vertrauten wissen von seinem Zustand, und der geschwächte Magier Golophin kann ihn nicht heilen. Die Hochzeit mit Abeleyns Cousine Isolla, die das Bündnis mit König Mark gegen die Pläne der Kirche des neuen Pontifex Maximus Himerius besiegeln soll, kann nicht stattfinden, doch Isolla ist eine kluge Frau, die sofort erkennt, was auf dem Spiel steht, und ihren Beitrag leisten will, das Land zu beschützen. Allerdings haben sie und Golophin eine Gegnerin, die sie nicht unterschätzen dürfen: Jemilla, Abeleyns Geliebte, die behauptet, mit seinem Sohn schwanger zu sein und die über das Kind selber an die Macht gelangen will, koste es, was es wolle.
Der torunnische Oberst Corfe Cear-Inaf, ein Günstling von Odelia, der Mutter des unerfahrenen Königs Lofantyr, schafft es, mit seiner zusammengewürfelten, schlecht ausgerüsteten Truppe, zahlenmäßig überlegene Gegner zu schlagen, doch den Ruhm beanspruchen andere für sich und neiden ihm natürlich auch die von Odelia trickreich eingefädelte Ernennung zum General. Obwohl Corfe der einzige hohe Offizier mit Erfahrung inmitten einer Gruppe ahnungsloser Schwätzer ist, will selbst Lofantyr ihn kaltstellen. Die Rettung Torunns vor den angreifenden Merduks kostet infolgedessen einen hohen Preis.
Der Mönch Albrec gelangt mit einem brisanten Dokument nach Torunn und wird schließlich zu Macrobius, dem eigentlichen Pontifex Maximus, vorgelassen. Albrecs Entdeckung stellt alles, woran die Kirche des Heiligen Ramusios und der Orden vom Ersten Tage, aber auch die religiösen Eiferer der Merduks glauben, auf den Kopf. Da Macrobius in Albrecs Augen aus politischen Erwägungen zu zögerlich handelt, beschließt der zum Bischoff Ernannte, den Anführer der Merduks aufzusuchen und ihn mit diesem Wissen zu konfrontieren. Vielleicht wäre der für alle fatale Krieg dann gänzlich überflüssig?
Richard Hawkwood, der mit zwei Schiffen zur ‚neuen Welt‘ segelte, kehrt im „Epilog“ zurück, und man ahnt, dass er nichts Gutes mitbringt…
Das Schicksal einiger Sympathieträger wird weiter verfolgt. Vor allem der steinige Aufstieg von Corfe ist dem Autor ein Anliegen. Entsprechend martialisch geht es in diesem Buch zu, denn es wird gekämpft, gekämpft, gekämpft. Obwohl die Gräuel nicht dem Selbstzweck dienen und auf das Notwendige beschränkt werden, geht das leidvolle Gemetzel dem Leser doch an die Nieren. Die Offiziere befehlen, die Soldaten stürzen sich in die Schlacht, sterben als anonyme Masse, was freilich nicht so erschütternd ist wie die Tode von beliebten Protagonisten, aber dennoch ist es schwer zu verdauen, wenn eine einzige Schlacht Opfer im fünf- bis sechsstelligen Bereich fordert.
Abrusio, die hebrionische Hauptstadt, ist nach der Niederschlagung des Aufstands von Himerius‘ Leuten und deren Anhängern zur Ruhe gekommen. Allerdings hängt es von Abeleyn ab, was aus dem Reich wird. Die machthungrige Jemilla kümmert das Volk wenig, und so intrigiert sie nach besten Kräften, um den Zustand des Monarchen publik zu machen und über ihre Marionetten an das Ziel ihrer Wünsche zu gelangen. Abeleyns Vertraute wiederum wagen keinen Putsch, der sie auf dieselbe Stufe mit ihren Gegnern stellen würde, obwohl sie wissen, dass sie auf ehrlichen Wegen kaum eine Chance haben, ihr Land zu retten. Dann geschieht etwas Unerwartetes, doch gewiss muss auch hierfür gezahlt werden.
Albrec nimmt eine Schlüsselrolle ein, die sich wohl erst später in ihrer Bedeutsamkeit richtig entfalten wird - und das in zweierlei Hinsicht. Zum einen laufen Dinge ab, von denen die meisten Bewohner des bekannten Kontinents keine Ahnung haben, wobei der religiöse Sprengstoff zu einem Mittel werden kann, durch den die feindlichen Völker gegen einen gemeinsamen Feind vereint werden könnten, der längst Fuß gefasst hat und seine Macht weiter ausbauen will. Der andere Punkt ist persönlicher Natur. Allerdings muss man hier vage bleiben, um den Spekulationen und Überraschungen nicht vorzugreifen.
„Die Königreiche Gottes“ bieten spannenden, historisch orientierten Fantasy-Stoff, der manchmal ob seiner Ausführlichkeit und den vielen Kampfbeschreibungen ermüdend wirkt, aber doch immer wieder die Kurve kriegt aufgrund der interessanten Figuren, sodass man dabei bleibt und mehr lesen will. Der nächste Band, der mit einigen Lücken füllenden Informationen aufwarten dürfte, wird daher sehnsüchtig erwartet.