Michael Moorcock: Der Blutthron - Elric von Melnibone 1 (Buch)

Michael Moorcock
Der Blutthron
Elric von Melnibone 1
(Elric from Melnibone and other Stories)
Übersetzung: Jan Enseling
Titelbild: Slobodan Cedic und Matthias Zapf,
Manikore, 2016, Paperback, 512 Seiten, 14,95 EUR, ISBN 978-3-945493-64-9

Rezension von Carsten Kuhr

Sie glauben zu wissen, was man unter Fantasy versteht? Nun, da gibt es Ritter in schimmernden Rüstungen, Magier mit spitzen Hüten und Zauberstäben, Elfen und Zwerge, der eine oder andere Ork, Hobbits und Drachen dürften auch noch eine Rolle spielen - und schon sind wir im kuscheligen Märchen. Lange Zeit galten diese Vorurteile, schufen Verfasser aller Couleur mehr oder minder originelle Reminiszenzen an den Herrn der Ringe. Die Questen-Fantasy mit ihren liebevoll und sympathisch gezeichneten jugendlichen Helden und deren versierten Gefährten eroberte die Bestseller-Listen. Bis, ja bis da in den 60er Jahren ein damals junger britischer Autor namens Michael Moorcock seine Stimme erhob und uns seine tragischen ewigen Helden präsentierte. Hoppla, da begegnete uns einmal kein Strahlemann, der seine Gegner mit einem Lächeln im Gesicht der Reihe nach niedermachte, sondern eine geplagte Gestalt.

 

Der Albino ist ein grüblerisch veranlagter Sonderling, der den Drang seiner Artgenossen nach Grausamkeit zwar nicht teilt, gleichzeitig aber dem Leid anderer gleichgültig gegenübersteht. Körperlich schwach vermag er nur durch sein Schwert Sturmbringer Kraft zu schöpfen.

Sein Leben ist gezeichnet von Tragödien, Schicksalsschlägen und Zerstörungen. Er vernichtet seine Heimat, tötet durch die Beeinflussung seines Schwerts, das eher Krücke als Werkzeug ist, seine Geliebte, kann aber ohne Sturmbringer nicht leben. So verbreitet er Unglück und Verderben unter denen, die ihm nahe kommen.

Vor dem Hintergrund eines Reiches, das zerfällt betreten wir eine Welt, die Elrics Volk als dekadent, mächtig und grausam fürchtet. Elric selbst ist hier keine Ausnahme, äußerlich wie innerlich ungerührt foltert und meuchelt er Opfer, um seine Ziele als Streiter im ewigen Kampf der Ordnung gegen das Chaos zu erreichen.


In diesem ersten von meines Wissens acht Bänden um den Albino kommt es zum Kampf gegen seinen Widersacher Yrkoon - den Elric eigentlich nicht gewinnen kann, ja innerlich nicht einmal wirklich gewinnen will. Hier wartet ungewöhnliche Lesekost auf den Rezipienten, das ist anders, als Vieles, was wir aus den Bestseller-Listen kennen.

Nüchtern und distanziert beschreibt Moorcock die Kämpfe, Folterungen und Tötungen, deutet mehr an, als dass er plakativ ein großes blutiges Gemälde schaffen würde. Dabei ist die Gewalt integraler Bestandteil des Zykluss, nur dient sie nie dem Selbstzweck, sondern unterstreicht mehr die Auffassungen derer von Melnibone, dient dazu, uns Elric als geplagten Charakter greifbar zu machen. Wo kommt er her, warum agiert und reagiert er, wie er es tut, das sind die Fragen, die Moorcock beschäftigten und die er, verpackt in eine mitreißende Handlung, zu beantworten sucht. Dass unser Protagonist dabei mit Traditionen bricht, dass er Probleme hat die Herrscherrolle anzunehmen und auszufüllen, macht den Roman so interessant.

So ist der ersten Roman um einen der faszinierendsten Anti-Helden der Fantasy endlich, nachdem die Heyne-Ausgabe lange vergriffen war, wieder erhältlich, liest sich auch heute noch ebenso packend wie interessant und ist für jeden, der sich für Fantasy interessiert, eine Entdeckung wert.