Lone Wolf 2100 (Comic)
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- Kategorie: Rezensionen
- Veröffentlicht: Samstag, 12. November 2016 09:08
Mike Kennedy
Lone Wolf 2100
(Lone Wolf 2100 Omnibus, USA 2002-2004)
Übersetzung: Frank Neubauer
Titelbild und Zeichnungen: Francisco Ruiz Velasco
Cross Cult, 2016, Hardcover, 304 Seiten, 39,95 EUR, ISBN 978-3-95981-035-7
Rezension von Christel Scheja
Zu den Manga-Serien, die auch im westlichen Kultur-Raum einen Kult-Status erlangten und viele Künstler prägten gehört die 28bändige Serie „Lone Wolf & Cub“ von Kazuo Kike und Goseki Kojima, die im Original bereits 1970 erschien. Die Saga um einen entehrten Samurai, der zusammen mit seinem Sohn durch die Lande zieht, um Unrecht zu bestrafen und Rache zu nehmen, muss Mike Kennedy so beeindruckt haben, dass er mit „Lone Wolf 2100“ eine eigene Version der Serie schuf, die zwischen 2002 und 2004 erschien und nun von Cross Cult als Komplettband aufgelegt wird.
Der fremde Krieger, der ein kleines Mädchen auf dem Rücken trägt, ist zumeist ruhig und zurückhaltend, aber er kann auch anders, wenn man ihn und das Kind bedroht. Dann verwandelt er sich in eine gnadenlose Kampfmaschine, die jeden niedermacht, der ihn und die Kleine bedroht. Aber es hat auch einen Grund, warum er sich so verhält.
Tatsächlich ist Itto ein hochentwickelter Androide, der von dem Vater des Mädchens den Auftrag bekam, sie um jeden Preis zu beschützen. Denn Daisy Ogami trägt den Schlüssel in sich, der die Menschheit retten oder vernichten könnte - je nach dem, wer sie in die Hände bekommt. Das Gerücht begleitet ihn, dass er Doktor Ogami selbst ermordet habe, doch Itto weiß es besser, haben doch seine Feinde die Behauptung ausgestreut, um ihn in die Enge zu treiben. Sie haben nämlich allen Grund, Itto und Daisy loszuwerden, da sie neben ihnen die Einzigen sind, die die Wahrheit über die Seuche kennen, die schon so viele Menschen dahingerafft und die Zivilisation zerstört hat.
Und deshalb werden die Beiden auf ihrer Flucht durch Südostasien erbarmungslos gejagt - ohne Rücksicht auf Verluste und Unschuldige.
Man merkt durchaus, dass Mike Kennedy die Originalserie sehr intensiv gelesen und auch mit dem Autoren konferiert hat, denn die Geschichte verbeugt sich nicht nur immer wieder vor dem Original, sie transportiert auch die Figuren in die Zukunft. Ittos Gegner mögen zwar nun keine anderen Samurai, Räuber oder Feudalherren sein, aber sie sind genauso skrupellos und kaltschnäuzig, wenn es darum geht, ihn und das Kind zu erledigen.
Dabei enthüllen Rückblenden nach und nach die Vorgeschichte, erklären ausführlich, warum Itto eigentlich auf der Flucht ist und was ihn vorantreibt. Dabei merkt man kaum, dass er eigentlich ein künstliches Wesen ist, denn er scheint den Ehrenkodex der Samurai verinnerlicht zu haben. Daisy bleibt wie der kleine Sohn des originalen Itto eher stumm, darf in einigen kleinen Szenen etwas aktiver sein und zum Schmunzeln anregen, ist aber sonst doch eher der Spielball der verschiedenen Parteien.
Andere Figuren als Itto, auch die Gegenspieler, bleiben leider blass und entwickeln nicht das düstere Profil, das wirklich um den Helden und seinen Schützling fürchten lässt. Aber wenn man darüber hinwegsieht, bekommt man ein actionreiches Abenteuer, mit einem gut durchdachten Hintergrund, der zusätzlich für Spannung sorgt, weil er sich nur nach und nach enthüllt. Das Ende bleibt überraschend offen, aber auch das sollte man von der alten Serie gewohnt sein.
Die Zeichnungen sind sehr stark denen des Originals nachempfunden, entwickeln aber ebenfalls eine eigene Dynamik und die Farbe lässt die Geschichte gleich noch ganz anders wirken.
Heraus kommt eine ebenso unterhaltsame wie spannende Geschichte, die dem Original eigentlich nur in einer Sache nachsteht: die Gegner sind zu blass um wirklich bedrohlich zu sein; ansonsten lebt und atmet sie aber die Atmosphäre der Manga-Serie und macht Lust auf mehr.